Ballard Cove: Alter Freund & Vera




Donnerstag, 12. Juni 2014
Wir liegen am privaten Anlegesteg eines Hauses von Bekannten, auf dem schmalen Streifen des „Barrier Island“ vor dem Atlantik, in der schönen Indian River Lagune. Diese zieht sich über viele Kilometer von Süd nach Nord und misst an den breitesten Stellen ca. drei Kilometer; viele kleine Inseln, versteckte Buchten, Mangroven Sümpfe und viel Natur rundherum machen es zu einer sehr reizvollen, schönen Gegend, welche auch gerne von Backpackern und Individualtouristen aufgesucht wird. Trotz der schönen Natur ist das nächste Haus, die nächste Siedlung usw., praktisch nie viel weiter als hundert Meter entfernt. Aber es ist nicht ganz so extrem besiedelt und von Touristen überlaufen, wie weiter südlich an der Küste.
Die große, mal wieder fast palastartige Villenanlage, mit separaten Gästehäusern (Mehrzahl!), an deren Anlegesteg wir in der Lagune liegen, liegt direkt an der A1A Haupt Küstenstraße versteckt hinter Palmen und ist Tip Top gepflegt; keine 50 m östlich befindet sich der Atlantik Strand, hier genannt Melbourne Beach, was gelegentlich für einige Verwirrung sorgt, weil viele Ortsfremde dabei automatisch an Australien denken. Das beeindruckende Haus und die gesamte Anlage dürften einen Marktwert von bestimmt gut 20 Mio repräsentieren und es gehört einem alten Geschäftsfreund von mir; Malik kenne ich schon seit den 80er Jahren in Deutschland und damals hatten wir fast 15 Jahre eine ganze Menge Spaß zusammen.

Ab der Jahrtausendwende verliefen sich unsere geschäftlichen und privaten Wege und hatten wir seit über 10 Jahren keinen Kontakt mehr. Ehrlich gesagt weiß ich bis heute nicht wirklich, womit er eigentlich sein Geld gemacht hat oder noch macht; jedenfalls nicht genau, aber das geht mich ja auch nicht unbedingt etwas an. Er war auf jeden Fall ein echt sympathischer, sehr unterhaltsamer Typ. Jetzt allerdings ist er alt, sehr und deutlich älter als ich und offenbar auch nicht mehr Gesund; er lebt sehr zurückgezogen und ruhig mit einer mir bis dato auch nicht bekannten Frau und drei fast erwachsenen Kindern hier und überlässt uns freundlicherweise unendgeldlich seinen mehr als ausreichend großen Anlegesteg, was doch sehr nett und keineswegs selbstverständlich ist! *smile*
Es war purer Zufall das wir überhaupt voneinander erfahren haben; ein weiterer Geschäfts- und noch heutiger Freund aus der damaligen Zeit, welcher meinen Blog gerne mitliest, noch Kontakt zu Malik hat und mit dem ich gelegentlich Maile, fragte ob ich auch Malik besuchen würde, wenn ich schon mal in der Gegend bin; so erfuhr ich davon das er hier lebt und nahm vor zwei Tagen telefonisch Kontakt auf. *smile* Tja, die Welt ist ein Dorf geworden! Ich erinnere noch eine lustige Anekdote aus den beginnenden 90ern mit Malik:

Und zwar war er damals zwei Wochen geschäftlich in Pakistan und bat mich in einer miserablen Telefonverbindung kaum verständlich, ihm ein paar wichtige Unterlagen aus meinem damaligen Büro in Deutschland rüber zu faxen, weil das Faxgerät in seinem Büro defekt war. Gott, was für Zeiten, dass kann man sich heutzutage kaum noch vorstellen! Tagelang war es völlig unmöglich eine funktionierende Verbindung herzustellen und fluchte Malik Gotterbärmlich über die Tücken der damals modernen Technik und Kommunikation. Als ich einem weiteren Freund und Computerfachmann von uns am Abend erzählte, dass es schier unmöglich wäre eine Verbindung nach Pakistan herzustellen, meinte der nur lapidar: „warum mailt ihr es nicht als Anhang?“
Nun, ich muss gestehen, zur damaligen Zeit hatte ich absolut Null Ahnung von Computern, hätte noch nicht mal gewusst wie man unseren Bürocompi, ein stolzes Stück IBM Technik von sage und schreibe 640 Megabyte (!) Kapazität, auch nur Ein- oder Ausschaltet. Computer erschienen mir als überflüssige Spielerei die mir im Geschäftsleben überhaupt nichts bringen und auch nicht notwendig sind und welche unseren Bürokräften nur als bessere Luxus- Schreibmaschine dienen. *grins* Aber per Mail war das Übermittelungs- Problem binnen wenigen Minuten gelöst und erledigt…
…und da begriff ich dann, dass der ganze Computerkram doch eine interessante Sache ist, mit welcher man sich genauer beschäftigen sollte. Bis dahin hatte ich es, der damaligen Zeit und den normalen Möglichkeiten angepasst, für völlig normal gehalten das man manchmal Tagelang keine vernünftige oder auch nur einigermaßen gut funktionierende Verbindung in ein entferntes Land bekommen kann! Gelegentlich sogar noch nicht mal nach Frankreich „nebenan“ oder zu einer abgelegenen Stadt in Deutschland! Nein, dass kann sich heutzutage kaum noch jemand vorstellen, wie das damals so war! Heute, wo ein Mensch in der Antarktis mit einem Zigarettenschachtel großen Satteliten Handy überall auf der Welt anrufen oder Daten übermitteln kann; Heute, wo du daran gewöhnt bist binnen Minuten nahezu jeden Ort auf der Welt Kommunikationstechnisch erreichen zu können! Usw.! Ein Wahnsinn!
VERA
Hier schlängelt sich ein bei Bikern und Wanderern sehr beliebter Trail durch die Mangrovenlandschaft des Barrier Island nach Süden; mit unseren genialen E- Bikes machten Maria und ich eine kleine Tour, um an einem versteckten, reizvollen Plätzchen ein bisschen zu Shooten, was ja der Hauptgrund für ihren Besuch an Bord ist. Dabei rammten wir, oder sie uns, eine sexy- süße, junge Touristin in dreiviertel Jeans und einem „verschärften“, weißen Oberteil, welches tiefen Einblick in ihre prächtiges Dekolletee erlaubte. *grins* Die ca. 19 – 20 jährige fluchte automatisch wie ein Rohrspatz …auf DEUTSCH! So wusste ich gleich es mit einer Landsfrau zu tun zu haben und nachdem der Ärger schnell verflogen war, plauderten wir natürlich lachend darüber wer woher ist usw.
Vera ist recht hübsch und offenbar sehr locker drauf, kommt aus dem Schwarzwald nahe Freiburg und macht hier als Backpacker billigen, sehr einfachen Langzeit Urlaub, wobei sie die Küste von Miami aus im März zuerst Südwärts die Florida Keys erkundete und nun Nordwärts zieht. In typischer „Work & Travel“ Art verdient sich das sympathische Girl unterwegs immer das nötigste und schlägt sich in jugendlicher Unbeschwertheit einfach so durch. Ach, süßer Vogel Jugend! In meiner Jungenzeit war ich ähnlich unbeschwert unterwegs, zog z. B. als 16 jähriger mit viel zu wenig Geld per Kleinkraftrad (eine 50er Zündapp) mit einem Kumpel durch halb Europa; kein Dach über dem Kopf, kein Geld für eine Unterkunft oder Essen? Na und, solche Probleme lösen sich immer irgendwie! Einige Tage hintereinander nur ekelhafter Fraß aus der Dose? Na und, es macht satt und gibt Kraft und es wird schon wieder irgendwann und irgendwie etwas Besseres geben! *schmunzel*


Gott, wie unbeschwert sind wir doch als junge Menschen und wie vorsichtig und kompliziert machen wir uns das Leben später, wenn wir älter werden?! *seufz* Na jedenfalls lud ich Vera zu einem ordentlichen Essen und einer deutschen Plauderei an Bord ein, wo sie auch ausgedehnt duschen kann usw. Erstaunlicherweise zieht sie völlig alleine durch die Welt, ohne Kumpels, Freundin oder eine jugendliche Backpacker Clique. Natürlich fand es die als Schwarzwald Mädel ausgemachte Landratte ziemlich faszinierend, dass wir an Bord eines Bootes leben und umher reisen; so wollte sie sehr neugierig gleich mit uns zurück radeln!
Angesichts des kleinen Palastes an unserem Anlegesteg, dem Luxus an Land und an Bord des ja sehr neuen, modernen Trawlers, staunte Vera doch ganz schön obwohl sie es in typischer Teenager Coolness nicht zeigen wollte; zusammen mit meiner jungen Crew und den drei Kids von Malik hatte sie aber sofort gleichaltrigen Kontakt und ging mit der ihr fraglos sehr willkommenen Situation sehr locker um, so wie sie ja generell ein sehr lockerer Typ zu sein scheint. *smile* Beim gemeinsamen Grillabend futterte das offenbar naturblonde Mädel aber sichtlich hungrig all die leckeren Sachen, welche sie vermutlich schon längere Zeit nicht mehr genießen konnte.
Die Mädels, Maliks 19 jähriger Sohn Tamar und Andrej gingen am Abend zu einer Party mit jungen Leuten; wir alte Herren machten es uns auf der Pool Terrasse gemütlich und redeten über vergangene Zeiten; seine Frau und die zwei jüngeren Töchter zogen sich irgendwo ins Haus zurück. An der Pool Bar und in dem sich im Haus anschließenden Herren Raucherzimmer, sah ich einige schöne Fotos einer tollen Superyacht von ca. 35 – 40m und es sah danach aus, dass es sich um Maliks Yacht handelt; neugierig fragte ich danach, denn Schiffe und Boote interessieren mich ja immer sehr. Außerdem wunderte ich mich, weil er in all den Jahren unserer Freundschaft eigentlich nie Interesse an Yachting gezeigt und mich auch niemals auf eine meine damaligen Törns begleitet hat.


„Hör bloß auf! Die habe ich 2009 aus vorwiegend geschäftlichen Gründen angeschafft und nur ein einziges mal wirklich genutzt! Seither kostet sie mich nur viel Geld; so wie es um meine Gesundheit steht, werde ich sie wohl nie mehr nutzen können! Eine Charterfirma kümmert sich seit 2011 darum und seither kostet sie mich wenigstens kaum noch etwas, warf sogar schon mal etwas gewinn ab; aber jetzt wurde sie fünf Jahre genutzt und davon drei recht intensiv. Das heißt größere, sehr teure Wartungsarbeiten sind fällig. Ich verstehe einfach zu wenig davon und werde in dieser Branche immer über den Tisch gezogen!“ Seufzte Malik, was mich natürlich zu der naheliegenden Frage brachte, warum er sie denn nicht einfach verkauft hat.
Nun, seine umfangreiche, komplizierte Erklärung will ich hier nicht genauer ausführen; es hat etwas mit der Familie seiner Frau und geschäftlichen Sicherheiten zu tun, weshalb er sie nicht so einfach verkaufen kann. Inzwischen scheint er aber realisiert zu haben, dass er wegen seiner Gesundheit sowieso aus dem Geschäftsleben aussteigen muss und das auch schon weitgehend getan hat; ergo ist ein teures Repräsentationsobjekt wie solch eine Yacht eigentlich nicht mehr notwendig. Er weiß ja das ich vor allem seit Anfang der 80er ein leidenschaftlicher Segler und Bootsliebhaber geworden bin und erkannte jetzt sicherlich auch anhand meiner fachkundigen, treffenden Nachfragen, dass ich gewissermaßen ein Fachmann bin. Da lag es aus seiner Sicht natürlich nahe, mich in verschiedenen Überlegungen um Rat und nach seinen Handlungsoptionen zu fragen. Selbstverständlich gab ich gerne Auskunft, so gut ich konnte. Gegen Mitternacht gingen wir Müde in die Betten.




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