#25.12.23- Schweden, Norwegen, #Dezember #10
Nordland Abenteuer, magische Lichter und sehr selbstbewusste Frauen
Inzwischen waren wir so weit nördlich vorangekommen, dass die Sonne zu dieser Jahreszeit ihren Zenit kaum noch über den Horizont schiebt. Aktuell geht sie erst gegen 09:42 Uhr auf und verabschiedet sich bereits um 14:18 Uhr wieder in die lange Dunkelheit. Uns blieben also gerade mal knapp viereinhalb Stunden diffuses Tageslicht. Die Temperaturen lagen am Morgen bei frostigen minus 4 °C, und auch im weiteren Tagesverlauf blieb das Thermometer beharrlich unter dem Gefrierpunkt. Trotz der klirrenden Kälte warteten wir allerdings immer noch vergeblich auf frischen Neuschnee, der die dunkle Landschaft endlich erhellen würde.
Bis zu unserem endgültigen Ziel nordöstlich von Narvik im norwegischen Hinterland waren es noch gut tausend Kilometer. Es war mehr als fraglich, ob wir diese lange Strecke heute noch komplett bewältigen würden; wir wollten einfach mal sehen, wie flüssig die Fahrt verlaufen würde. Um den Tag bestmöglich zu nutzen, standen wir bereits vor 06:00 Uhr auf, machten uns in aller Ruhe fertig und frühstückten zwar zügig, aber ohne jede Hektik. Schon kurz nach halb sieben checkten wir aus und verstauten unser Gepäck im mittlerweile vollständig geladenen EQS. Ein leises Summen, und schon glitten wir in die tiefschwarze schwedische Nacht hinein.
Der erste Zwischenstopp war im 171 km entfernten Örtchen Dorotea geplant, genauer gesagt bei der gut bewerteten Konditori Dorotea AB>>> in der Parkvägen 2. Dort wollten wir eine erste gemütliche Kaffeepause einlegen und uns vielleicht von ein paar süßen, handgemachten Köstlichkeiten verführen lassen.
Während wir so durch die Finsternis dahinrollten, herrschte im Wagen eine ganz besondere Stimmung: Draußen herrschte die unerbittliche, eiskalte Dunkelheit des Nordens, während wir es uns im Innenraum bei wohlig warmen Temperaturen und dem sanften, lila-blauen Schimmer des Ambient Light gemütlich machten. In dieser fast schon meditativen Ruhe kamen wir irgendwie auf das Thema Weihnachtsgedichte zu sprechen.
Wir erinnerten uns gegenseitig daran, welche Verse wir früher in der Schule oder für die Familie mühsam auswendig lernen mussten. In meiner Erinnerung tauchte sofort Knecht Ruprecht auf, dessen Zeilen ich damals stolz aufgesagt hatte, von denen ich heute jedoch den Großteil längst wieder vergessen habe.
Hier ist das klassische Gedicht von Theodor Storm aus dem Jahr 1862 noch einmal in voller Länge:
Von drauß’, vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! Allüberall auf den Tannenspitzen Sah ich goldene Lichtlein sitzen; Und droben aus dem Himmelstor Sah mit großen Augen das Christkind hervor; Und wie ich so strolch’ durch den finstern Tann, Da rief’s mich mit heller Stimme an: »Knecht Ruprecht«, rief es, »alter Gesell, Hebe die Beine und spute dich schnell! Die Kerzen fangen zu brennen an, Das Himmelstor ist aufgetan, Alt’ und Junge sollen nun Von der Jagd des Lebens einmal ruhn; Und morgen flieg’ ich hinab zur Erden, Denn es soll wieder Weihnachten werden!«
Ich sprach: »O lieber Herre Christ, Meine Reise fast zu Ende ist; Ich soll nur noch in diese Stadt, Wo’s eitel gute Kinder hat.« – »Hast denn die Rute auch bei dir?« Ich sprach: »Die Rute, die ist hier; Doch für die Kinder nur, die bösen, Die trifft sie auf den Teil, den rechten.«
Christkindlein sprach: »So ist es recht; So geh mit Gott, mein treuer Knecht!« Von drauß’, vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! Nun sprecht, wie ich’s hier innen find’! Sind’s gute Kind’, sind’s böse Kind’?
Der Vater: »Die Kindlein sind wohl alle gut, Haben nur mitunter was trotzigen Mut.«
Knecht Ruprecht: »Ist eins, das hat geschlagen sein Geschwister, So schlag ich es mit der Rute dreister!«
Der Vater: »Ei, ei! Das ist ja schlimm! Doch ist es sonst ein gutes Kind.«
Knecht Ruprecht: »So will ich es ihm verzeihn, Und in seinen Stiefel Nüsse streun.«
Der Vater: »Sind welche, die haben geflucht und gescholten, Die haben die Rute verdient, die alten!«
Knecht Ruprecht: »Die schlag ich drein mit frischem Mut, Dass ihnen die Hosen krachen tut!«
Der Vater: »Ei, ei! Das ist ja schlimm! Doch sind sie sonst gute Kinder im Grimm.«
Knecht Ruprecht: »So will ich’s ihnen verzeihn, Und in ihre Stiefel Nüsse streun.«
Der Vater: »Die Kindlein sind wohl alle gut, Haben nur mitunter was trotzigen Mut.«
Knecht Ruprecht: »So geh mit Gott, mein treuer Knecht!« Von drauß’, vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
»Oh weh, das ist ja ein wahnsinnig langes Gedicht, du Armer«, staunte Meli voller Mitgefühl, nachdem sie den kompletten Text online recherchiert und auf ihrem Display mitgelesen hatte. »Aber weißt du was? Für dich habe ich auch ein Gedicht, mein Bärchen.« Sie lächelte mich zärtlich an und küsste mich so sinnlich, wie nur sie es kann, bevor sie mir leise ein paar Zeilen auf Russisch vortrug.
Снег идет, снег идет. К белому окну Тихо подойдет Тот, кого люблю. Тот, кого люблю, Тот, кого жду я, Тот, кто в эту ночь Рядом будет со мной. Снег идет, снег идет, И всё в порядке: Если ты со мной — Значит, Новый год! (Von Eduard Asadow)
Da ich die Sprache recht gut beherrsche, verstand ich den warmen Klang der Worte, aber um sicherzugehen, wiederholte sie es für mich noch einmal auf Deutsch. Die Übersetzung lautet in etwa:
Schnee fällt, Schnee fällt.
Ans weiße Fenster.
Kommt leise heran
Der, den ich liebe.
Der, den ich liebe,
Den ich erwarte, Der in dieser Nacht bei mir sein wird.
Schnee fällt, Schnee fällt,
Und alles ist gut: Wenn du bei mir bist — Dann ist Neujahr!
»Das ist wirklich ein wunderschönes Gedicht, so herrlich kurz und knackig«, erwiderte ich lächelnd. Durch diese stimmungsvolle Unterhaltung war die Zeit unmerklich schnell verflogen. Wir erreichten, immer noch eingehüllt in die schwedische Dunkelheit, bereits die Konditori Dorotea. Praktisch direkt hinter dem Gebäude befinden sich zwei Ladestationen von Vattenfall und ein Tesla-Supercharger>>>. Natürlich wäre nach der vergleichsweise kurzen Strecke ein Aufladen noch nicht notwendig gewesen, aber da es sich gerade so bequem anbot, hängte ich den EQS für die Dauer unseres Aufenthalts an das Kabel.
Eine hübsche, junge Verkäuferin begrüßte uns in der Konditorei mit einem freundlichen, typisch schwedischen »Heij…?«. Wir grüßten ebenso zurück, bestellten uns einen guten, heißen Kaffee und konnten natürlich nicht widerstehen, uns auch eine süße Kleinigkeit aus der Auslage zu gönnen.
Diese Konditorei wird völlig zu Recht mit hohen 4,5 Sternen auf Google bewertet. Es ist ein eher kleines, aber ungemein einladendes Konditoren-Café mit gemütlichen Plätzen im Inneren, die zum Verweilen einladen. Alles wirkte blitzsauber, bis hin zu den Toiletten, und die Auswahl an frisch belegten Brötchen, Kuchen, süßem Gebäck und herzhaften Snacks war für die Größe des Ortes riesig. Man merkt sofort, dass hier alles von hoher Qualität ist und zum größten Teil handgemacht vom Meister und seinem Team hergestellt wird. Auch kleine Mittagssnacks werden angeboten, und die Preise sind dabei angenehm fair geblieben. Für alle Reisenden ein idealer Stopp, um die Lebensgeister wieder zu wecken.
Es war immer noch stockfinster, als wir schließlich wieder aufbrachen, doch ganz langsam konnte man am östlichen Horizont die erste, ganz zarte Dämmerung erahnen. Während der Fahrt diktierte ich Meli wieder einige Passagen für den Blog, die sie flink in ihren Laptop tippte, bevor wir sie später gemeinsam mit Hilfe der KI auf Fakten prüften und weiter ausarbeiteten.
Winterliche Realität: Stromer im Härtetest
Übrigens gelten für den Betrieb bei Minustemperaturen folgende Erfahrungswerte, die man als Reisender im Hinterkopf behalten sollte. Im Schnitt muss man bei Elektrofahrzeugen mit einem Kapazitätsverlust von etwa 15 bis 30 % rechnen, sobald das Thermometer unter den Gefrierpunkt fällt und die nordische Kälte an der Karosserie nagt. Bei älteren Modellen oder technisch weniger ausgereiften Akkus kann dieser Wert sogar auf bis zu 50 % ansteigen, was die Planung in einsamen Gegenden natürlich etwas nervenaufreibender gestaltet.
Doch der neue, hochmoderne EQS ist hier eine Klasse für sich und beruhigt meine Fahrer-Nerven ungemein. Dank der genialen Akku-Vorkonditionierung und einer hocheffizienten Wärmepumpe für die Akkus, verliert er selbst in der schwedischen Kälte kaum 15 bis 20 % seiner Leistungsfähigkeit. Dabei ist es vor allem die Innenraumheizung, die ordentlich Saft aus den Zellen saugt, um uns eine wohlige Atmosphäre zu schaffen, während draußen der Frost klirrt.
Diesen Verbrauch kann man jedoch erheblich senken, wenn man beispielsweise den Innenraum nur moderat beheizt und stattdessen die gezielte Wärme der Lenkrad- und Sitzheizung nutzt. Da man auf solchen Wintertouren ohnehin meist warm angezogen ist, lässt sich so eine Menge Energie sparen, ohne dass man wirklich frieren muss. Meli genießt diese punktuelle Wärme sichtlich, während sie sich entspannt in die weichen Lederpolster schmiegt.
Um den Akku auf so einer Tour wirklich optimal zu schonen, beherzigen wir ein paar einfache Kniffe: Am wichtigsten ist es, den Wagen noch vor der Abfahrt vorzuheizen, solange er noch am Stromkabel des Hotels oder eine Ladestation bei Kaffee- oder Essenspausen hängt. So kommt die Energie für die wohlige Wärme aus dem Netz und nicht aus dem kostbaren Fahr-Akkus. Zudem ist es ratsam, den Akku bei extremer Kälte niemals mit einem Ladestand unter 20 % über Nacht im Freien stehen zu lassen, da die Zellchemie dann träge wird.
Ein sanfter Gasfuß und die Nutzung der Rekuperation beim Ausrollen helfen zusätzlich, die Reichweite stabil zu halten. Aber ganz ehrlich: Bei der hervorragenden Ladeinfrastruktur hier im Norden, ist es eigentlich gar nicht notwendig, auf den vollen Heiz- und Klimakomfort zu verzichten und sich wie in einer Verzicht-Erklärung vorzukommen. Wir machten das bei dieser Fahrt nur um, wie vereinbart, sachliche Erfahrungsberichte schreiben zu können.
Mittlerweile fahren etwa 15 % aller Schweden und sogar beinahe 30 % der Norweger elektrisch – also bezogen auf den gesamten Fahrzeugbestand. Schaut man sich nur die Neuzulassungen an, sind die Zahlen noch weitaus beeindruckender und zeigen, wohin die Reise geht. In wenigen Jahren dürfte der Anteil auf den Straßen die 50-Prozent-Marke knacken. Die Menschen hier oben haben längst bewiesen, dass sie selbst in der klirrenden Eiseskälte kaum ernsthafte Probleme mit ihren Stromern haben.
Für alle, die sich im Dschungel der Abkürzungen noch nicht ganz sicher fühlen, hier eine kurze und knackige Übersicht für Einsteiger:
- EV (Electric Vehicle): Der allgemeine Oberbegriff für alle Elektrofahrzeuge. Das sind Autos, die ganz oder teilweise mit Strom aus einem Akku fahren – Benzin oder Diesel werden hier zweitrangig oder ganz überflüssig.
- BEV (Battery Electric Vehicle): Das sind die reinen Elektroautos. Nur Akku, nur Strom und lokal völlig emissionsfrei. Bekannte Beispiele sind das Tesla Model 3, unser Mercedes EQS oder der VW ID.7. Die realen Reichweiten liegen heute meist zwischen 400 und 700 km, geladen wird bequem an der Steckdose oder am Schnelllader.
- PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle): Ein Hybrid mit Stecker. Er besitzt einen kleineren Akku für etwa 50 bis 100 km rein elektrisches Fahren und zusätzlich einen Verbrennungsmotor für die Langstrecke. Er kann geladen werden, fährt aber auch mit Benzin weiter, wenn der Strom zur Neige geht. Typische Vertreter sind der BMW 330e oder der Volvo XC60 PHEV.
Die Vorteile des BEV liegen klar auf der Hand: Sie sind unschlagbar günstig im Betrieb, flüsterleise, bieten eine beeindruckende Beschleunigung und sind bei der Nutzung von Ökostrom die deutlich umweltfreundlichere Wahl. Der PHEV hingegen punktet mit der geringeren Reichweitenangst und eignet sich daher hervorragend als Übergangslösung für Vorsichtige oder Ängstliche, die sich erst langsam an die neue Welt gewöhnen möchten.
Ich bin mir natürlich durchaus im Klaren darüber, dass sich viele Nutzer bisher mit kleineren und preiswerteren Fahrzeugen begnügen müssen. Diese haben oft nur Reichweiten von etwa 250 bis 400 km, wodurch sich winterliche Kapazitätsverluste deutlicher bemerkbar machen und häufigeres Nachladen unumgänglich ist. Andererseits nutzen die meisten Menschen ihre Fahrzeuge ohnehin zu über 90 % für Fahrten zur Arbeit, zum Einkaufen oder im Nahbereich – Aufgaben, die auch ein kleinerer Akku spielend meistert, ohne dass man Angst haben muss, liegen zu bleiben.
Und wie ich schon oft erwähnte: Welcher einigermaßen normale Fahrer sitzt schon länger als 200 bis 300 km am Stück starr hinter dem Lenkrad, ohne eine Pause für einen Kaffee, einen kleinen Snack oder den obligatorischen Gang zur Toilette einzulegen? Bei einer so gut ausgebauten Ladeinfrastruktur, wie wir sie in Skandinavien und weiten Teilen Westeuropas vorfinden, ist die Nutzung eines EVs also absolut alltagstauglich. Zudem schreitet die Entwicklung rasant voran. Die Reichweiten moderner Akkus nehmen stetig zu und sollten in absehbarer Zeit sogar die magische Marke von 1.000 km erreichen.
Natürlich gibt es auch heute noch Nachteile, die man nicht verschweigen darf. Man ist weniger flexibel, muss die Strecke sorgfältiger planen und kann vielleicht nicht mehr völlig blind und nach Lust und Laune sonstwohin aufbrechen, ohne kurz auf die App zu schauen. Wer beruflich unter enormem Termindruck steht oder extrem lange Strecken abseits der Hauptverkehrsadern bewältigen muss, ist momentan mit einem Verbrenner oder PHEV sicher noch besser bedient. Auch ich würde für bestimmte Routen, besonders im noch lückenhaft versorgten Osten, lieber zu einem klassischen Benziner oder Diesel greifen und tue das auch konsequent, wenn es die Situation erfordert.
Was ich jedoch überhaupt nicht mag, ist dieser fanatische Eifer, mit dem manche Verbrenner- oder Elektro-Anhänger auf ihrer Meinung beharren und die andere Seite verteufeln. Sätze wie »EVs sind generell scheiße« oder »Verbrenner-Fans sind alle Idioten, die sich der Moderne verweigern« bringen niemanden weiter und vergiften nur die Stimmung. Die Elektromobilität ist fraglos die Zukunft, ob man es nun wahrhaben will oder nicht. Irgendwann werden Verbrenner-Fahrer wohl ähnlich kurios und nostalgisch angesehen werden wie Leute, die heutzutage noch mit der Pferdekutsche verreisen – ein charmanter, aber überholter Blick zurück, während die Welt sich längst leise und elektrisch weitergedreht hat.
Arvidsjaur, Kiruna und das magische Licht
Darüber verflog die Zeit wieder einmal wie im Flug, und wir erreichten bei dämmrigem Tageslicht, bei draußen mittlerweile gefühlten minus 8 °C, die IONITY Charging Station in der Storgatan 63, 933 33 Arvidsjaur. Diesen Standort hatten wir bereits am Vormittag für unsere Mittagspause ausgewählt, weil sich direkt daneben die hoch bewertete Teckans vedugnspizza befindet. Wir hatten beide eine unbändige Lust auf eine richtig gute Pizza und die damit verbundene, sehnsuchtsvolle Erinnerung an die Wärme und Lebensfreude Italiens, die wir vor kurzem noch genossen hatten.
Google-Maps-User Arnold Balazs beschreibt das Lokal folgendermaßen: Leckere Pizza und tolle Atmosphäre! Die Pizza war einfach köstlich – perfekt knuspriger Boden, frischer Belag. Der Service war freundlich und effizient, und die Atmosphäre gemütlich und einladend. Wenn Sie eine tolle Pizza und eine entspannte Atmosphäre suchen, sind Sie hier genau richtig.
Dem können wir uns nur vollumfänglich anschließen. Es ist zwar nur ein kleines, eher einfaches Lokal, aber der original-italienische, holzbefeuerte Pizzaofen verströmt eine wunderbare Wärme und einen herrlichen Duft. Der freundliche Wirt scheint mit Leib und Seele dabei zu sein; Pizzen sind eindeutig sein Hauptgeschäft und sie schmecken einfach phänomenal.
Doch das Lokal ist mehr als nur eine einfache Pizzeria; es gibt auch andere gute Speisen wie verschiedene Fleisch- und Pastagerichte im Angebot. Wir gönnten uns als Vorspeise noch Scampis auf knackigem Salat und danach zwei der wirklich köstlichen Pizzen, was am Ende eigentlich schon viel zu viel für uns war. Meli aß ihre »Speciale« nur zu rund zwei Dritteln auf, ließ sich den Rest aber einpacken, um später unterwegs an der kalten Pizza zu knabbern, was sie zwischendurch gerne macht.
Übrigens sei hier angemerkt, dass wir auch eine gut gefüllte Kühltasche mit kleinen Snacks, Getränken, Knabbereien und meist auch eine Thermoskanne mit heißem Kaffee und / oder Tee im Wagen dabeihaben. Den Inhalt nutzen wir zwar nur selten, da wir die lokale Gastronomie bevorzugen, aber wir frischen die Vorräte regelmäßig auf. Die nordisch-weite Landschaft Schwedens ist zwar dünn besiedelt, mit meist nur winzigen Siedlungen und vereinzelten Gehöften, dennoch gibt es in angenehmen Abständen immer wieder überraschend gute Lokale, in denen man sich mit frischen Sachen versorgen kann.
Die Nähe von Ladestationen oder Tankstellen zu gastronomischen Betrieben ist meist kein Zufall und einer der Hauptgründe für das gute Funktionieren der Ladeinfrastruktur hier oben. Es ist schlichtweg langweilig und öde, den Wagen aufzuladen, wenn es in der näheren Umgebung absolut nichts gibt, um sich die Zeit zu vertreiben, einen Kaffee zu trinken oder eine Kleinigkeit einzukaufen. Wer hockt schon gern untätig im Wagen und schaut dem quälend langsam zunehmenden Ladebalken zu oder macht zwanzig Minuten lang einsame Gymnastik auf einem kahlen Parkplatz? Ich frage mich ernsthaft immer wieder, was sich die Betreiber dabei denken, wenn sie Charging-Stations irgendwo lieblos in die Pampa setzen, wo es weit und breit gar nichts gibt.
Bei eisigen, vom System angezeigten minus 6 °C, die sich durch den Wind jedoch wie minus 9 °C anfühlten, aber dank unserer passenden Kleidung bequem warm eingepackt, gönnten wir uns zur Verdauung noch einen ausgiebigen, arktischen Winterspaziergang um den kleinen See Nyborgstjärnen. Uff, diese skandinavischen »Smörrebröd«-Namen sind allzu oft wahre Zungenbrecher. Welcher Fremde soll die bitteschön beim richtig aussprechen können, ohne sich die Zunge zu verknoten?
Es war gerade mal kurz nach 13:00 Uhr, doch die Sonne näherte sich bereits wieder rasant dem westlichen Horizont; in kaum einer halben Stunde dürfte es hier oben schon wieder stockdunkel sein. Auf diesem Breitengrad geht die Sonne derzeit erst kurz nach 10:00 Uhr auf und bereits um 13:15 Uhr wieder unter. Also war es im Grunde nebensächlich, ob wir noch etwas Zeit für das für unser körperliches Wohlbefinden so wichtige Spazierengehen plus ein bisschen Gymnastik opferten. Meli liebt Italien zwar heiß und innig, aber als kältegewohnte Russin fühlte sie sich auch hier im Norden sauwohl und lächelte mich glücklich an.
»So schön hier, oder? Voll romantisch, wir zwei bei dieser klirrenden Eiseskälte in der unberührten, winterlichen Natur. Und das Essen war auch einfach supilecker.«
»Yup, meine kleine Schneelöwin…«, antwortete ich und küsste sie überfallartig auf ihre kalten, aber trotzdem unglaublich sinnlichen und vollen Kusssmundlippen. Meli wirkt tatsächlich immer so, als hätte sie eine grelle Neonreklame mit der Aufschrift »Küss mich endlich, du Dummkopf!« direkt auf der Stirn stehen. Kaum zu glauben, aber bei diesen Minusgraden wurde uns trotzdem ganz schön heiß bei diesen leidenschaftlichen, dennoch sanft-gefühlvollen und tief sinnlichen Küssen. zwinker
Als nächstes Ziel war eine rund 370 km entfernte und in etwa viereinhalb bis fünf Stunden erreichbare Unterkunft mit dem vielversprechenden Namen Máttaráhkká Northern Light Lodge in Kiruna zum Übernachten eingeplant. Wir diskutierten kurz, ob wir – vor allem mit Blick auf meine Fahrer-Ausdauer – nicht doch noch heute das endgültige Ziel ansteuern sollten. In insgesamt acht bis neun Stunden, also gegen 22:00 oder 23:00 Uhr, wäre das theoretisch machbar gewesen.
»Das musst du allein entscheiden, mein Schneebär, weil du als Fahrer die ganze Zeit konzentriert durchhalten müsstest«, meinte sie. Wir hatten schon vor der Abfahrt im Heidelberger Spätherbst, damals noch über Österreich und durch ganz Italien bis nach Sizilien, ausführlich ausdiskutiert, dass Meli lieber nicht selbst fahren möchte. Sie besitzt zwar einen Führerschein und kann fahren, hält sich aber selbst für eine ungeübte und eher schlechte Fahrerin.
Insbesondere bei einem so teuren und technologisch komplexen Auto hat sie echte Angst davor, dieses durch einen dummen Unfall zu beschädigen. Und nicht zuletzt fährt sie einfach nicht gern selbst; sie fühlt sich dabei nicht wohl, sondern eher unsicher und angespannt. Ich hatte ihr zwar mehrmals angeboten, mit ihr zu üben, doch sie wollte nicht so recht, also fahre ausschließlich ich den gesamten Weg.
»Hm… ich könnte das sicher schaffen, ich bin in meinem Leben schon längere Strecken in kalten Nächten gefahren. Aber wozu auf vereisten Straßen unnötige Risiken eingehen und sich überanstrengen? Wenn wir morgen ausgeruht gegen Mittag ankommen, reicht das auch völlig aus. nur keinen unnötigen Stress.« Ich lächelte sie an, als wir in den bereits wohlig vorgeheizten EQS stiegen und unsere Fahrt fortsetzten.
»Ja, du Armer hast seit über einer Woche wirklich genug Stress mit dem dauernden Fahren. Übernachten wir lieber entspannt in der Lodge, und vielleicht kriegen wir dort auch endlich die magische Aurora Borealis zu sehen«, stimmte sie mir mit ihrer einschmeichelnden, aber auch erotisch-rauchigen Stimme zu. Sie beugte sich über die Mittelkonsole und küsste mich noch einmal heiß und innig, bevor ich den Wagen zurück auf die einsame Straße kurvte.
Die E-45 ist hier oben zwar gut geräumt, aber rundherum verwandelte sich jetzt alles immer mehr in ein klassisch-schneeweißes Winter-Wunderland. Während der Fahrt begann es zudem leicht zu schneien. Es herrschte bereits wieder stockdunkle »Nacht«, obwohl es eigentlich erst früher Nachmittag war; dichte Bewölkung und tanzende Schneeflocken wirbelten im genialen Licht der Digital-Light Scheinwerfer auf. Nur ab und zu kamen uns andere Autos und deren helle Scheinwerferstrahlen entgegen, obwohl die E-45 die Hauptverbindungsstraße nach Kiruna darstellt.
Hier und da hatten einige Enthusiasten sogar Bäume direkt am verschneiten Straßenrand weihnachtlich dekoriert und beleuchtet. Das erzeugte eine noch romantischere, fast schon etwas unwirkliche Stimmung in unserem gemütlich warmen „Raumschiff“ EQS auf der Reise durch das Nirgendwo nach Irgendwo. Meli seufzte mal wieder tief und gefühlvoll auf:
»Vor wenigen Monaten hätte ich mir das alles noch nicht mal im kühnsten Traum auszumalen gewagt. Erst nimmst du mich mit in mein geliebtes Italien, wirst mein genialer Liebhaber und Mentor, entführst mich in ein traumhaftes Barockschloss in Sizilien, fährst mit mir tausende Kilometer bis in den hohen Norden in ein romantisches Winter-Wunderland… und… und…« Sie brach den Satz ab, offenbar im Moment ein bisschen von der Wucht ihrer eigenen Gefühle überwältigt.
Bei ihrem oft so selbstbewussten, erotischen »Vollweib«-Äußeren und ihren beeindruckenden intellektuellen Fähigkeiten vergisst man nur zu leicht, dass Meli noch nicht einmal zwanzig Jahre alt ist und in ihrem jungen Leben noch nicht viel Schönes erlebt hat, seit sie aus Putins brutalem, menschenverachtendem Mafia-Reich und dieser grausamen Diktatur flüchten musste.
»Und…?«, schmunzelte ich liebevoll und streichelte ihr mit der rechten Hand sanft über Backe und Gesicht, während ich mit der Linken sicher lenkte und die teilweise vereiste Straße im dichten Schneefall gut im Blick behielt. Spürte ich da etwa sogar ein, zwei kleine, gefühlvoll-weibliche Tränchen über ihre Haut kullern? Meli schluckte spürbar und säuselte dann weiter.
»Und das alles passiert mir mit einem so superlieben, großzügigen Schmuse-Beschützerbär, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt und ohne, dass du je auch nur irgendetwas dafür von mir verlangt hättest. Es ist wie ein wunderschöner, aber eigentlich völlig unrealistischer Traum, der überraschend doch wahr wird. Du bist echt unglaublich!« Sie beugte sich erneut weit über die Mittelkonsole und gab mir einen schnellen, dennoch sehr gefühlvollen Kuss, wobei sie überlegt darauf achtete, mich nicht zu sehr vom anspruchsvollen Fahren abzulenken.
»Ach Meli, du weißt doch genau, solche lieben Dankes- oder Lobeshymnen machen mich eigentlich nur verlegen, auch wenn du es, wie ich weiß, natürlich vollkommen lieb meinst.« Bei all dem gleißenden Weiß-in-Weiß rundherum, wo Straßenränder und Markierungen nicht vom Schnee zu unterscheiden waren, konnte ich den Level-3 Autopiloten leider nicht nutzen und musste mich wirklich zu einhundert Prozent voll aufs Fahren konzentrieren.
»Weiß ich doch, mein Brummelbärchen. Komm, lass uns trotzdem mal nach einer kurzen Fahrpause schauen.« Das machten wir dann auch und entdeckten zufällig Björn Thunborg Viltaffär AB in der Strömgatan 32, 982 60 Porjus, mit dem dazugehörigen Cafe Björn. Das war erneut wie ein kleines, fast schon unwirkliches Abenteuer mitten in der Wildnis. Der Laden beziehungsweise das Café ähnelt einem völlig chaotisch mit allen möglichen Dingen vollgepackten General-Store aus dem früheren Wilden Westen der USA. Asbjörn ist ein hervorragend informiertes, gebildetes Original mit tiefen Kenntnissen der deutschen und schwedischen Geschichte; seine Frau, von allen respektvoll nur »die Chefin« genannt, ist ebenfalls sehr freundlich, gut informiert und hat in der Ehe wohl eindeutig die Hosen an.
Man kann dort zum Beispiel auch professionelle Ausrüstung für das Überleben in der nordischen Wildnis kaufen, Messer, Campingsachen, in Massen von nützlichem oder auch völlig unnützem Krimskrams als Andenken stöbern, leckeres Rentierfleisch und superwärmende Felle erstehen oder halt einfach nur einen heißen Kaffee trinken. Es ist schier unmöglich, treffend zu beschreiben, was man in diesem Laden, der wohl gleichzeitig im Hintergrund und im oberen Stockwerk ihr privates Zuhause ist, alles an Kuriositäten entdecken kann.
Schließlich rissen wir uns mühsam los und fuhren weiter, während wir noch eine ganze Weile amüsiert und fasziniert über das gerade Erlebte schwätzten. Unterwegs hörte der leichte Schneefall glücklicherweise auf und bald verzogen sich auch teilweise die schweren Wolken, was uns in der tiefen Dunkelheit erst so richtig auffiel, als plötzlich funkelnde Sterne und erste zarte Andeutungen von Nordlichtern am Firmament zu erkennen waren. Das freute uns natürlich riesig, und die Chance auf die faszinierend-magische Aurora Borealis am Himmel stieg mit jeder Minute unserer Fahrt.
Wer das noch nicht in der realen Präsenz einer tiefen, eiskalten, arktischen Nacht erlebt hat, dem kann man dieses Gefühl kaum mit Worten beschreiben. Fotos oder Filmaufnahmen im Fernsehen geben zwar einen gewissen Eindruck davon, was dort oben passiert. Doch wenn man selbst in der weiten nordischen Natur steht, am besten meilenweit abseits der Zivilisation unter einem unglaublich klar funkelnden Sternenhimmel, und ehrfürchtig nach oben schaut, ist das ohnehin schon ein zutiefst beeindruckendes Erlebnis.
Kommt dann auch noch das pulsierende Farbenspiel wabernder Nordlichter hinzu… man kann es wirklich nicht anders denn als ein zutiefst magisches Erlebnis beschreiben. In solchen Momenten werden selbst sehr abgebrühte Typen meist mucksmäuschenstill. Man starrt einfach wie gebannt nach oben und kann dieses gewaltige Schauspiel der Natur kaum fassen.
Tatsächlich bekamen wir genau passend beim Erreichen der Máttaráhkká Northern Light Lodge einige wunderschöne Nordlichter zu sehen. Plötzlich zuckten die ersten grünen Schleier über den Himmel – zart zuerst, als würden sie von einer unsichtbaren Hand gezeichnet, dann immer intensiver, als würde das Firmament selbst atmen. Die Kälte vergaßen wir sofort, als wir Hand in Hand dastanden und dieses kosmische Ballett beobachteten. Meli drückte sich fester an mich, ihr Atem bildete Wolken in der eisigen Luft, während die Lichter über uns tanzten – mal sanft wabernd, mal explosiv aufblitzend, als würde der Himmel selbst feiern.
Wie diese magischen Nordlichter eigentlich genau entstehen? Die Aurora Borealis – diese tanzenden, grün-violetten Schleier am Nachthimmel – sind eigentlich ein kosmisches Feuerwerk, das die Sonne für uns veranstaltet. Der Sonnenwind, ein ständiger Strom aus geladenen Teilchen (meist Elektronen und Protonen), rast mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von bis zu 1,2 Millionen km/h durch das All und trifft schließlich auf die Erde.
Unser Planet hat dabei großes Glück: Sein starkes Magnetfeld lenkt die meisten dieser Teilchen zu den Polen ab, wo sie schließlich in die obere Atmosphäre (in etwa 100 bis 400 km Höhe) eintauchen. Dort knallen sie mit hoher Energie auf Sauerstoff- und Stickstoff-Atome – und genau dieser Aufprall lässt diese Atome leuchten: Sauerstoff strahlt dabei das klassische Nordlicht-Grün aus, während Stickstoff eher für Violett- oder Rosatöne verantwortlich ist.
Je stärker dieser Sonnenwind weht, zum Beispiel bei massiven Sonnenstürmen, desto intensiver und weiter südlich ist dieses Spektakel zu bewundern. In Norwegen, besonders nördlich des Polarkreises, ist das im Winter fast schon Alltag – einen klaren Himmel natürlich vorausgesetzt. Magisch? Oh ja! Aber wissenschaftlich gesehen ist es einfach reine Physik mit einem ordentlichen Schuss Kosmos. Und trotzdem: Wenn diese Lichter über einem zu tanzen beginnen, vergisst man augenblicklich jede rationale Erklärung und staunt nur noch wie ein kleines Kind.
Wir checkten ein, machten es uns in der gemütlichen Lodge bequem und stärkten uns erst einmal mit einem köstlichen Fleischgericht und je einem Glas gutem Rotwein. Es gibt dort eine romantische Außen-Hot-Tub, also einen größeren, fassähnlichen Jacuzzi für die Gäste der Lodge. Das Wasser ist so heiß, dass man auch bei aktuell minus 8 °C kein bisschen friert, während man aus dem blubbernden Wasser heraus dem Schauspiel am dunklen Himmel zuschaut. Darin entspannten wir uns gemütlich, schwätzten ungezwungen mit den anderen Gästen, die glücklicherweise alle gutes Englisch beherrschten, und hatten einfach Spaß.
Besonders eine skandinavisch lockere Familie mit zwei sehr hübschen Töchtern im Alter von ungefähr vierzehn und neunzehn Jahren war uns auf Anhieb sehr sympathisch. Im gemütlichen Aufenthaltsbereich vor einem romantisches Feuerlicht ausstrahlenden Kaminofen, saßen wir danach noch eine gute Stunde zusammen. Ihre lustige Oma hatte diese Familie ebenfalls dabei, und wir nahmen munter plaudernd weitere Heißgetränke oder noch mehr Wein zu uns.
Amüsanterweise schienen sich die beiden schönen Töchter in einer Art spielerischem, weiblichem Wettkampf gegenseitig dabei übertreffen zu wollen, mit dem fremden Capitano Steve zu flirten und mich mit ihrem Charme zu verzaubern. Skandinavische Girls und Frauen sind gewöhnlich sehr selbstbewusst, weitgehend emanzipiert und von klein auf daran gewöhnt, sogar mehr als nur gleichberechtigt zu sein. Hierzulande ist es durchaus üblich, dass sich Männer eher zurückhalten und darauf warten, von Frauen, die echtes Interesse an ihnen haben, quasi ausgewählt und angesprochen oder gleich direkt angemacht zu werden. Das ist sozusagen eine ganz eigene Art der Damenwahl; die Frauen entscheiden hier sehr selbstbestimmt, mit wem sie sich abgeben und vielleicht auf mehr einlassen wollen.
Mal etwas ernsthafter erläutert und mit Fakten belegt: Skandinavien ist weltweit absolut Spitze in der Geschlechtergleichheit – das WEF-Ranking 2025 gibt Norwegen Platz 2, Schweden Platz 5 und Dänemark Platz 12. Das ist kein Zufall: Seit den 70er-Jahren haben Politik und Kultur hier Frauen massiv gestärkt – gleiche Löhne, verpflichtende Elternzeit für beide Elternteile, exzellente Bildungschancen. Frauen sind hier nicht nur auf dem Papier »gleichberechtigt«, sondern oft die treibenden Kräfte der Gesellschaft: In Beruf, Politik und eben auch ganz offensiv beim Dating.
Wissenschaftliche Studien wie der »Nordic Approaches to Gender Equality« (aus der Universität Umeå) zeigen deutlich, dass skandinavische Frauen von klein auf lernen, völlig unabhängig zu sein – sie entscheiden selbst, was sie wollen, und warten eben nicht passiv auf irgendeinen fernen »Prinzen«. In der hiesigen Dating-Szene ist es völlig üblich, dass Frauen die Initiative ergreifen: Sie machen den ersten Move, wählen aktiv aus und flirten ganz offen – »Damenwahl« pur. Das entspringt einer tief verwurzelten Kultur der Gleichheit: Es gibt keinen gesellschaftlichen Druck, »brav« oder zurückhaltend sein zu müssen, sondern die volle Freiheit, selbstbewusst zu agieren.
In Norwegen und Schweden trifft man daher oft auf Frauen, die in jeder Hinsicht den Ton angeben – ob im Job, im Alltag oder eben beim Flirten. Aber es gibt natürlich auch Schattenseiten – die »Nordic Glass Ceiling« (eine Cato-Institute-Studie) zeigt etwa, dass Frauen trotz aller Gleichheit in den ganz hohen Führungsrollen oft noch unterrepräsentiert sind, und in einigen sehr ländlichen Regionen hält sich oft noch ein traditionelles Denken der klassischen Rollenverteilung hartnäckiger als in den Städten.
Und um es wieder etwas amüsanter zu beschreiben: Ich kenne das von früher und liebe bekanntlich sowieso besonders unabhängige, clevere und selbstbewusste Frauen. Während einer Geschäftsreise nach Oslo traf ich einmal eine Gruppe US-Jungmanager und wunderte mich zunächst köstlich über deren Verhalten, als sich auch richtig schöne, sexy Norwegerinnen ganz offen für sie interessierten.
Diese Männergruppe – alle für sich genommen attraktiv und selbstbewusst in ihrer heimischen US-Bubble – wurden in Oslo plötzlich mit diesen direkten, selbstbewussten norwegischen Frauen konfrontiert. Schon war es schlagartig vorbei mit der gewohnten Männerherrlichkeit! Die armen Kerle flüchteten regelrecht in die Hotelbar und verbarrikadierten sich dort fast wie in einem Fort! Sie waren geschockt, völlig überfordert und total aus dem Konzept gebracht – schlicht, weil die Frauen hier einfach machen, was sie wollen: anschauen, direkt ansprechen, offensiv flirten und initiieren.
Das amüsiert mich jetzt noch sehr, wenn ich an die Gesichter dieser Jungs denke. Die Kerle, die zu Hause vielleicht die großen Macker markieren, benahmen sich plötzlich wie kleine, verschüchterte Jungs – einfach, weil die Regeln des Spiels hier völlig anders sind. In Skandinavien ist das vollkommen normal: Frauen sind gleichberechtigt, finanziell unabhängig und übernehmen eben oft und gerne die Initiative.
Aber zurück zu den beiden Töchtern in der Lodge. Die waren höchstwahrscheinlich nicht wirklich an mir als Mann interessiert, dafür bin ich dann doch schon zu weit weg von ihrer Altersklasse. Es war wohl einfach so: Alle anderen männlichen Gäste in der Runde waren schon erheblich älter, und vermutlich faszinierte sie auch Meli als meine so sinnlich-erotisch und gleichzeitig sehr clever-intellektuelle Begleiterin. Sowie natürlich unser etwas ungewöhnliches Benehmen als polyamourös lebendes Paar und sicherlich auch die ganz typische, jugendliche Abenteuerlust und Neugierde auf das bisher Unbekannte, den „interessanten Fremden“ an sich. schmunzel
Gegen 22:30 Uhr zogen wir uns schließlich müde, aber sehr zufrieden in unser Zimmer zurück und machten uns gleich bettfertig. Wir genossen noch ein bisschen zärtlich-sinnlich-verspieltes Schmusen, wobei wir auch noch einmal amüsiert über die frechen Töchter und den Abend am Kamin lachten. Dann kuschelten wir uns in eine gemütliche Schlaflage, und was mich betrifft, so schlief ich nach diesem ereignisreichen Tag sehr schnell und tief ein.
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