Ukrainekrieg, Zum Stand der rus­si­schen Inva­sion in der Ukraine. Politische und Militärstrategische Analyse

 

 #22.03.17 Ukrainekrieg, Zum Stand der rus­si­schen Inva­sion in der Ukraine. Politische und Militärstrategische Analyse

von Gustav C. Gressel

Der Mili­tär­ex­perte Gustav C. Gressel zum Krieg in der Ukraine: Sein Ausgang hängt auch davon ab, dass der Westen der Ukraine die nötigen Waffen liefert. Gleich­zei­tig muss die rus­si­sche Öko­no­mie rasch lahm­ge­legt werden, damit Putin keine Reser­ven für den Krieg mobi­li­sie­ren kann. Ein hartes Öl- und Gas­em­bargo kann nach einem rus­si­schen Rückzug schritt­weise gelo­ckert werden.

1. Kurze Zusammenfassung

  • Die rus­si­sche Führung zielt auf die Zer­schla­gung der Ukraine als Staat und Nation ab. Dieses Ziel soll durch eine Ver­nich­tung der poli­ti­schen, kul­tu­rel­len und intel­lek­tu­el­len Eliten und eine dau­er­hafte Besat­zung des Landes erreicht werden.
  • Im Falle eines rus­si­schen Sieges droht Europa kein fest­ge­fro­re­ner Kalter Krieg, sondern eine vola­tile, insta­bile Situa­tion an seiner Ost­flanke, an der Russ­land durch stän­dige Pro­vo­ka­tion und mili­tä­ri­sche Ein­schüch­te­rung den Westen davon abschre­cken wird, sich in „innere Ange­le­gen­hei­ten“ Russ­lands wie seiner Besat­zungs­re­gime in Belarus und der Ukraine einzumischen
  • Mili­tä­ri­sche Dro­hun­gen gegen die NATO – kon­ven­tio­nell wie nuklear – sind so lange reine Psy­cho­lo­gie, als es in der Ukraine orga­ni­sier­ten mili­tä­ri­schen Wider­stand gibt. Sollte dieser Zusam­men­bre­chen ist eine Aus­wei­tung der rus­si­schen Aggres­sion über die Ukraine denkbar, bis zu einem gewis­sen Grad sogar wahrscheinlich.
  • Die Ukraine hat die Chance, Russ­land in einen Ermat­tungs­frie­den zu zwingen, ähnlich wie das Finn­land 1939/​40 im Win­ter­krieg gelang. Hierzu braucht sie aber drin­gend west­li­che Unterstützung.
  • Die Ver­tei­di­gungs­fä­hig­keit der Ukraine kann nicht alleine durch die Bereit­stel­lung von infan­te­ris­ti­scher Pan­zer­ab­wehr und Flie­ger­ab­wehr­lenk­waf­fen sicher­ge­stellt werden. Es braucht zum beweg­li­chen Abwehr­kampf auch mecha­ni­sierte Reser­ven. Diese schmel­zen ohne west­li­chen Nach­schub in den nächs­ten Wochen ab.
  • Auch im Bereich der Flie­ger­ab­wehr ist der Erhalt von Waf­fen­sys­te­men zum Abfan­gen hoch flie­gen­der Flug­zeuge von ent­schei­den­der Bedeutung.
  • Aus rus­si­scher Sicht ist das Datum des 1. April 2022 – die Ein­be­ru­fung einer neuen Staffel von Wehr­pflich­ti­gen – ent­schei­dend zur Gene­rie­rung wei­te­rer Kräfte. Erst wenn die Ukraine die dann erfol­gende neue Welle an Angrif­fen abweh­ren kann, wird Russ­land zu ernst­haf­ten Ver­hand­lun­gen bereit sein.
  • Ein weit­ge­hen­der Zusam­men­bruch der rus­si­schen Wirt­schaft vor dem 1. April wäre wohl die einzige Chance, diesen Krieg mit west­li­chen Sank­tio­nen ent­schei­dend zu beeinflussen.
  • In der West­ukraine könnte orga­ni­sier­ter mili­tä­ri­scher Wider­stand noch lange geleis­tet werden. Ein Auf­wach­sen ukrai­ni­scher Kräfte und die Aus­rüs­tung mit kom­ple­xe­ren Waf­fen­sys­te­men wäre möglich, wenn man zunächst stark geschützte Kern­ge­biete im Westen aufbaut.
  • Dazu bräuchte es aber zuerst eine robuste, über sym­bo­li­sche Soli­da­ri­täts­ges­ten hin­aus­ge­hende mili­tä­ri­sche Präsenz der NATO an ihrer Ost­flanke. Erst eine solche Präsenz würde weiter mili­tä­ri­sche und poli­tisch-diplo­ma­ti­sche Schritte erlauben.

2. Rus­si­sche Kriegsziele

Der rus­si­sche Angriffs­krieg gegen die Ukraine zielt auf die Unter­wer­fung und Beset­zung des gesam­ten ukrai­ni­schen Staats­ge­bie­tes. Seine primäre Absicht ist die Aus­lö­schung der natio­na­len und kul­tu­rel­len Iden­ti­tät der Ukraine. Dies schließt die phy­si­sche Ver­nich­tung ihrer poli­ti­schen, intel­lek­tu­el­len, jour­na­lis­ti­schen, kul­tu­rel­len und admi­nis­tra­ti­ven Eliten und ihrer Armee ein, soweit sie Wider­stand leisten. Die anfangs offen pro­pa­gierte „Demi­li­ta­ri­sie­rung und Ent­na­zi­fi­zie­rung“ der Ukraine war eine kaum ver­hüllte Ankün­di­gung dieser Ziele. Zahl­rei­che Ver­haf­tun­gen von ukrai­ni­schen Ver­tre­tern von Ver­wal­tung und Zivil­ge­sell­schaft in Cherson, von denen niemand zurück­ge­kom­men oder wieder auf­ge­taucht ist, sowie die Werbung für die Aus­stel­lung rus­si­scher Pässe in besetz­ten Gebie­ten ist ein klarer Hinweis auf die impe­ria­len und kolo­nia­len Ziele Russlands.

Das lang­fris­tige Ziel des Kremls, die ukrai­ni­sche geis­tige Elite flä­chen­de­ckend zu ver­nich­ten, ist nicht ohne die Ein­rich­tung von Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern zu errei­chen. Es sollte ins­be­son­dere deut­schen Ent­schei­dungs­trä­gern klar sein, was der ukrai­ni­schen Gesell­schaft im Falle der Nie­der­lage droht.

Russ­land ver­sucht durch blanken Terror die ukrai­ni­sche Gesell­schaft von der Unter­stüt­zung des Wider­stan­des abzu­brin­gen und zu einer Akzep­tanz rus­si­scher Herr­schaft zu zwingen. Dazu gehört das gezielte Bom­bar­de­ment ziviler Ein­rich­tun­gen – Kin­der­gär­ten, Schulen, Kran­ken­häu­ser, Pfle­ge­heime – sowie Ver­haf­tun­gen, Erschie­ßun­gen und Ernied­ri­gun­gen ein­schließ­lich Ver­ge­wal­ti­gun­gen in den von rus­si­schen Truppen besetz­ten Gebie­ten. Der Angriff auf die beson­ders schwa­chen und unge­schütz­ten Teile der Gesell­schaft (Frauen, Kinder, Kranke, Alte) ist dabei gezielt gewählt, um zu demons­trie­ren, dass die ukrai­ni­sche Armee ihre Bürger nicht schüt­zen könne. Niemand soll im Irr­glau­ben sein, dass es sich beim Bom­bar­de­ment von Geburts­kli­ni­ken und Schulen um „Ver­se­hen“ handelt.

Sollte Russ­land in diesem Krieg als mili­tä­ri­scher Sieger her­vor­ge­hen, ist nicht nur in der Ukraine mit einer Ter­ror­herr­schaft zu rechnen, wie sie es seit dem Vor­marsch der Wehr­macht in dieses Gebiet nicht mehr gegeben hat. Eine Flücht­lings­welle, die – wenn man die Zahlen aus dem Donbas auf die gesamte Ukraine hoch­rech­net – weit über die 10 Mil­lio­nen gehen kann, ist dann noch das geringste Problem Europas. Russ­land wird nicht nur in der Ukraine eine gegen die NATO gerich­tete Mili­tär­struk­tur auf­bauen. Putin schreibt auch jede Art des Wider­stan­des gegen ihn – seien es die Unab­hän­gig­keits­be­stre­bun­gen in Tsche­tsche­nen oder Bür­ger­pro­teste in rus­si­schen Groß­städ­ten – den USA und der NATO in die Schuhe. Da man ange­sichts der rus­si­schen Bru­ta­li­tät mit wei­te­rem bewaff­ne­ten Wider­stand in der Ukraine rechnen muss, ist davon aus­zu­ge­hen, dass Russ­land den Westen dafür ver­ant­wort­lich macht und ihn durch mili­tä­ri­schen Druck, inklu­si­ver nuklea­rer Dro­hun­gen, ein­zu­schüch­tern und abzu­schre­cken ver­sucht, sich nicht „in die inneren Ange­le­gen­hei­ten Russ­lands“ einzumischen.

Dass auch nach einem mili­tä­ri­schen Sieg in der Ukraine noch erheb­li­che Teile der rus­si­schen Armee, der Natio­nal­garde und des FSB in der Ukraine sta­tio­niert bleiben müssten, um die erober­ten Ter­ri­to­rien zu beherr­schen, ist sicher. Diese Teile werden sys­te­ma­tisch in Kriegs- und Mensch­heits­ver­bre­chen invol­viert. Damit werden sie wie­derum an das Regime gebun­den, da ihnen sonst der Prozess droht. Die rus­si­schen Truppen kehren verroht aus der Ukraine nach Russ­land zurück. Das wie­derum zieht eine weitere Stei­ge­rung der inneren Repres­sion in Russ­land und eine Mili­ta­ri­sie­rung seiner Außen­po­li­tik nach sich. Europa wird keinen „sta­bi­len“ Kalten Krieg ernten, wie wir ihn aus den 1970er und 1980er Jahren in Erin­ne­rung haben. Viel­mehr wird er den insta­bi­len 1940ern und 1950ern glei­chen, als Stalin die neu erober­ten Ter­ri­to­rien in das sowje­ti­sche Impe­rium zwang, jeden Wider­stand brach und mit der Berlin-Blo­ckade die Grenzen seiner Macht aus­tes­tete. Es ist kei­nes­wegs sicher, dass sich alle daraus erfol­gen­den Krisen fried­lich lösen und ent­schär­fen lassen.

3. Nukleare Eskalation?

Moskaus Ankün­di­gung, seine Nukle­ar­streit­kräfte in erhöhte Ein­satz­be­reit­schaft zu ver­setz­ten, hat im Westen für einige Ver­un­si­che­rung gesorgt. Dabei handelt es sich um nichts anderes als psy­cho­lo­gi­sche Kriegs­füh­rung. Es gibt kei­ner­lei Anzei­chen dafür, dass die rus­si­schen Nukle­ar­streit­kräfte Schritte unter­neh­men, die über den regu­lä­ren Übungs­be­trieb (in den letzten Wochen fanden die „Grom 2022“-Übungen der Nukle­ar­streit­kräfte statt) hin­aus­ge­hen. Sowohl ein Einsatz von Atom­waf­fen in der Ukraine als auch gegen den Westen sind derzeit höchst unwahrscheinlich.

In der Ukraine kann das rus­si­sche Militär durch thermo­ba­ri­sche Waffen ähn­li­che Zer­stö­rungs- und Ein­schüch­te­rungs­wir­kung erzie­len, ohne sich das inter­na­tio­nale Stigma eines Atom­waf­fen­ein­sat­zes zuzu­zie­hen. Auf­grund der west­li­chen Sank­tio­nen ist Russ­land auf die neu­trale Haltung von Staaten im Rest der Welt (Indien, Vietnam, Israel, etc.) ange­wie­sen. Ein Atom­waf­fen­ein­satz würde das ohne zusätz­li­chen mili­tä­ri­schen Nutzen gefähr­den. Zudem ent­steht das Problem der radio­ak­ti­ven Rück­wir­kun­gen auf Russland.

Auch der Einsatz nuklea­rer Waffen gegen die NATO ist unwahr­schein­lich. Dieser hätte den sofor­ti­gen Ein­tritt des Bünd­nis­ses in den Krieg zu Folge. Das kann sich Russ­land mili­tä­risch nicht leisten, da seine Armee zurzeit in der Ukraine gebun­den ist. Weite Teile Russ­lands, beson­dere der fern­öst­li­che Mili­tär­be­zirk sind mili­tä­risch ent­blößt. Es müsste, um eine Erobe­rung des eigenen Staats­ge­bie­tes aus­zu­schlie­ßen sofort auf die Ebene des stra­te­gi­schen Nukle­ar­krie­ges eska­lie­ren, was einem Selbst­mord gleichkommt.

Putin und der rus­si­sche Mili­tär­ge­heim­dienst (GU, vormals GRU) fürch­ten die stra­te­gi­sche und nukleare Über­le­gen­heit der USA. Die Ein­satz­be­reit­schaft ame­ri­ka­ni­scher stra­te­gi­scher Atom­waf­fen­trä­ger ist in der Praxis um vieles höher als das rus­si­sche. Zudem über­schätzt man in Russ­land die Leis­tungs­fä­hig­keit der ame­ri­ka­ni­schen Rake­ten­ab­wehr. Der Krieg in der Ukraine hat ein­drucks­voll unter Beweis gestellt, wie tief ame­ri­ka­ni­sche Nach­rich­ten­dienste Ein­blick in die ope­ra­tive Planung Russ­lands haben. Russ­land könnte also die USA kaum mit einem nuklea­ren Angriff über­ra­schen. In der rus­si­schen Denke könnten die USA bei Anzei­chen rus­si­scher Vor­be­rei­tun­gen einen prä­ven­ti­ven Atom­schlag anord­nen, der das rus­si­sche Poten­tial weit­ge­hend aus­schal­tet. Das US-Rake­ten­ab­wehr­sys­tem würde dann ein­zelne rus­si­sche Inter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten abfangen.

Dass dieses Sze­na­rio auf einer Über­schät­zung der ame­ri­ka­ni­schen Ent­schlos­sen­heit und der ame­ri­ka­ni­schen tech­ni­schen Fähig­kei­ten beruht, tut hier wenig zur Sache. Denn solche Sze­na­rien sind mitt­ler­weile zur Glau­bens­welt im Kreml gewor­den, so wie man glaubt, Ukrai­ner und Russen sein ein Volk. Es ist daher sehr unwahr­schein­lich, dass Russ­land hier zu nuklea­ren Mitteln greifen würde.

Nach gel­ten­den rus­si­schen Prin­zi­pien der nuklea­ren Abschre­ckung und impli­zi­ten Erfah­run­gen aus rus­si­schen Manö­vern, Fach­ver­öf­fent­li­chun­gen und Dis­kus­sio­nen ist die Option der nuklea­ren Eska­la­tion für den Fall einer direk­ten mili­tä­ri­schen Kon­fron­ta­tion Russ­lands mit der NATO vor­be­hal­ten. Waf­fen­lie­fe­run­gen, Sank­tio­nen und andere Formen der Unter­stüt­zung der Ukraine sind weit unter­halb der nuklea­ren Reiz­schwelle. Nur wenn die NATO mit geschlos­se­nen mili­tä­ri­schen For­ma­tio­nen – etwa meh­re­ren Pan­zer­di­vi­sio­nen – in den Krieg ein­grei­fen würde und sich durch die daraus resul­tie­rende mili­tä­ri­sche Situa­tion eine erste Gefahr für Kern-Russ­land ent­wi­ckeln würde, wäre der Einsatz dieser Waffen eine rea­lis­ti­sche Option.

Indes hat Russ­land erkannt, das die Furcht vor dem Atom­krieg das beste Mittel ist, die west­li­che Öffent­lich­keit von einer Unter­stüt­zung der Ukraine abzu­hal­ten, nachdem alle anderen Mittel der Infor­ma­ti­ons­kriegs­füh­rung und Mei­nungs­bein­flus­sung versagt haben. 30 Jahre nach Ende des Kalten Krieges herrscht auch in den Reihen der poli­ti­schen Ent­schei­dungs­trä­ger im Westen blanke Unwis­sen­heit über alle Fragen nuklea­rer Abschre­ckung vor. In diese Lücke stoßen die rus­si­schen Dro­hun­gen und Ver­un­si­che­run­gen – in diesem Stadium rein als psy­cho­lo­gi­sches Druck­mit­tel, nicht in der Substanz.

Der Einzige Einsatz von Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen, der derzeit rea­lis­tisch erscheint, wäre der Einsatz pri­mi­ti­ver che­mi­scher Kampf­stoffe (Chlor­gas etc.) oder radio­ak­ti­ver Sub­stan­zen (radio­lo­gi­sche Waffen), um der Ukraine einen Unfall im Bereich der Lage­rung solcher Sub­stan­zen oder einen Anschlag in die Schuhe zu schie­ben. Ziel wäre die Dis­kre­di­tie­rung der ukrai­ni­schen Führung in der eigenen Bevöl­ke­rung und im Westen.

4. Stand der Offensive

Russ­land begann den Krieg als „spe­zi­elle mili­tä­ri­sche Ope­ra­tion“ mit dem Ziel, schnell die Haupt­stadt Kyiv und andere wich­tige Städte ein­zu­neh­men und so eine Kapi­tu­la­tion der Ukraine zu erzwin­gen. Diese Phase des Krieges ist in den ersten Tagen des Krieges kläg­lich geschei­tert. Man unter­schätze den ukrai­ni­schen Wider­stand kom­plett. Die Folgen dieser Fehl­ent­schei­dung wirken sich bis heute mili­tä­risch aus.

Zu Beginn des Krieges setzte Russ­land etwa 120 Batail­lons­kampf­grup­pen (engl. Bat­talion Tac­ti­cal Groups, BTG) gegen die Ukraine ein. Eine BTG besteht jeweils aus dem ersten Batail­lon eines Mot­schüt­zen- oder Pan­ze­re­gi­ments, ver­stärkt durch die erste Kom­pa­nie der Kampf­un­ter­stüt­zungs­ba­tal­lione der ent­spre­chen­den Brigade oder Divi­sion: einer Bat­te­rie Rohr­ar­til­le­rie, einer Bat­te­rie Rake­ten­ar­til­le­rie, einer Pan­zer­ab­wehr­kom­pa­nie, einer Bat­te­rie Flie­ger­ab­wehr, einer Pio­nier­kom­pa­nie, sowie einigen Ver­sor­gungs­ele­men­ten (Trans­port, Betriebs­mit­tel, Sanität). Der Grund für die Her­aus­lö­sung der jeweils ersten (manch­mal auch zweiten) Batail­lone bzw. Kom­pa­nien ist, dass diese jeweils aus Berufs- und Ver­trags­sol­da­ten bestehen. Manch­mal werden zwar Wehr­pflich­tige nach Abschluss ihres Wehr­diens­tes recht unsanft „über­re­det“ einen ein­jäh­ri­gen Vertrag zu unter­schrei­ben, aber auf dem Papier sind es Frei­wil­lige, die dann in den Krieg geschickt werden können.

Dieses System erlaubt es Russ­land, rasch Kräfte zu for­mie­ren und zu ver­le­gen. Die innen­po­li­tisch umstrit­tene Ver­wen­dung von Grund­wehr­pflich­ti­gen und Reser­vis­ten wird ver­mie­den. Das System geht auf Erfah­run­gen des Tsche­tsche­ni­en­krie­ges zurück, aller­dings gab es erst nach dem Geor­gi­en­krieg den Willen und die finan­zi­el­len Res­sour­cen, um es zu imple­men­tie­ren. Aber da liegt auch das Problem: es eignet sich für „show of force“ Ope­ra­tio­nen oder zur Gene­rie­rung von Truppen für kolo­niale Kon­flikte wie Tsche­tsche­nien oder Geor­gien. Für den großen Krieg hoher Inten­si­tät wie in der Ukraine ist das System wenig geeignet.

Von den jewei­li­gen Armee­kom­man­den direkt gelei­tete Ope­ra­tive Manö­ver­grup­pen bestehend aus 12 bis zu 20 BTGs sind zu umständ­lich in der tak­ti­schen Führung und Koor­di­na­tion. Die Armee­kom­man­dan­ten müssen sich um zu viele Ein­hei­ten kümmern, spielen quasi gleich­zei­tig Corps- und Bri­ga­de­kom­mando auf einmal. Wich­tige Lagein­for­ma­tio­nen oder Befehle werden über­se­hen oder zu spät gegeben. Schlechte Funk­ge­räte ver­stär­ken das Problem. Dann müssen kom­man­die­rende Gene­räle nach vorne, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen, sie werden damit ein leich­tes Ziel für Atta­cken des Gegners. Die Moral der Truppe und das Ver­trauen in die Führung hat unter den fal­schen Kriegs­vor­wän­den (vielen Sol­da­ten wurde nicht gesagt, dass sie in einen echten Krieg mar­schie­ren) stark gelit­ten und wurde durch das orga­ni­sa­to­ri­sche Chaos weiter verstärkt.

Die Koor­di­na­ti­ons­schwie­rig­kei­ten sind umso größer bei den Kampf­un­ter­stüt­zungs­trup­pen, ins­be­son­dere der Flie­ger­ab­wehr. Vier zusam­men­ge­stop­pelte Bat­te­rien sind noch lange kein Batail­lon. Hier wirkt sich das Fehlen der über­ge­ord­ne­ten Batail­lons- und Regi­ments­kom­man­dos beson­ders schwer aus, da diese die Feu­er­sek­to­ren mit den Luft­streit­kräf­ten koor­di­nie­ren. Ohne diese Kom­man­do­struk­tu­ren wissen die rus­si­schen Flie­ger­ab­wehr­kräfte nicht, welche Flug­be­we­gun­gen eigene sind, und ver­hal­ten sich dem­entspre­chend zurück­hal­tend (und werden dann von ukrai­ni­schen Bay­raktar Drohnen ange­grif­fen). Die rus­si­sche Luft­waffe ihrer­seits kann kaum effek­tive Luft­nah­un­ter­stüt­zung fliegen aus Furcht, von eigenen Flie­ger­ab­wehr­sys­te­men abge­schos­sen zu werden. Da Russ­land und die Ukraine die­sel­ben Systeme mitt­le­rer Reich­weite ein­setz­ten, muss sie auch bei Angrif­fen auf Radar- und Feu­er­leit­stel­lun­gen Vor­sicht walten lassen, um nicht die eigene Flie­ger­ab­wehr aus­zu­schal­ten. All diese Schwä­chen kommen den ukrai­ni­schen Ver­tei­di­gern zugute, die sich tak­tisch sehr geschickt auf ihren Gegner einstellen.

Zu guter Letzt sei auch erwähnt, dass Ein­rich­tun­gen der Feld­in­stand­set­zung (Werk­stät­ten, etc.) Ein­rich­tun­gen der Brigade und Divi­si­ons­ebene sind, die nicht mit ins Feld geführt wurden, da in ihnen Wehr­pflich­tige dienen. Da sich die rus­si­schen Kräfte zum Teil seit Oktober schon in Übungen befan­den, und rou­ti­ne­mä­ßige Instand­set­zungs­ar­bei­ten nicht erle­digt wurden, ist der Zustand des Mate­ri­als (Räder, Ketten, Schmier­mit­tel in Motoren und Getrie­ben, etc.) dem­entspre­chend schlecht und führt zu hohen tech­ni­schen Ausfällen.

Hinzu kommt, dass wohl viele zum Ver­trags­ab­schluss gezwun­gene „Frei­wil­lige“ nach Über­schrei­ten der Grenze deser­tiert sind.

Die rus­si­sche Armee verfügt nach eigenen Angaben über 168 BTGs, etwa 110 bis 120 davon wurden am 24. Februar gegen die Ukraine ein­ge­setzt. Der erste Ansatz erfolgte mit min­des­tens 34 BTG auf Kyjiw, 24 BTG auf Charkiw, 13 BTG zusätz­li­che BTG zu den Kräften der DNR und LNR aus dem Donbas, und min­des­tens 20 BTG aus der Krim auf Cherson und Rich­tung Mariu­pol. Etwa 20 bis 30 BTG wurden als Reserve zurück­be­hal­ten und wurden erst in der zweiten Woche des Krieges ein­ge­setzt. Es wurden auch min­des­tens 10 weitere BTG (ver­mut­lich mehr) in die Ukraine verlegt bzw. befin­den sich in Marsch.

Selbst mit diesem mas­si­ven Kräf­te­ein­satz konnte die rus­si­sche Armee keines ihrer anfäng­lich gesteck­ten Ziele errei­chen. Sie verfügt über maximal 38 weitere BTG die dem Kampf zuge­führt werden können, ohne auf Wehr­pflich­tige und Reser­vis­ten zurück­grei­fen zu müssen. Bedenkt man, dass durch Kampf­hand­lun­gen, Deser­ta­tion, und Kapi­tu­la­tion Kräfte von etwa 30 BTG aus­ge­fal­len sind, ist das nicht viel. Es reicht zur Fort­set­zung des Krieges, aber nicht um unmit­tel­bar eine stra­te­gi­sche Ent­schei­dung zu erzwingen.

5. Neue Kräfte?

Für Moskau ist es daher beson­ders wichtig, neue Kräfte auf­zu­bie­ten. Das Zufüh­ren von Wagner-Söld­nern (etwa 4000 an der Zahl) und ange­wor­be­nen Truppen aus dem Nahen Osten und Afrika kann die Lücken im rus­si­schen Kräf­te­dis­po­si­tiv nicht schlie­ßen. Dafür sind diese Kräfte ent­we­der zu wenig (Wagner) oder in Kampf­kraft, Aus­bil­dung und Moral der Aufgabe nicht gewach­sen (Kano­nen­fut­ter aus Syrien). Teil­mo­bil­ma­chun­gen in länd­li­chen Räumen (Dage­stan) dient der Her­aus­lö­sung wei­te­rer Berufts- und Ver­trags­sol­da­ten aus dem Aus­bil­dungs- und Frie­dens­be­trieb, um Ver­luste aus­glei­chen zu können. Aber auch dem sind Grenzen gesetzt.

Die Kriegs­pro­pa­ganda und das Schüren von Begeis­te­rung für den Krieg laufen auf Hoch­tou­ren. Das Regime ist, was den Einsatz von Grund­wehr­die­nern angeht, noch vor­sich­tig, da eine Kon­fron­ta­tion breiter gesell­schaft­li­cher Schich­ten mit der Rea­li­tät des Krieges in der Ukraine erheb­li­che innen­po­li­ti­sche Risiken birgt. Inwie­weit die gegen­wär­tige Pro­pa­ganda hier für die ent­spre­chende Geschlos­sen­heit sorgen kann, ist nicht abzu­se­hen. Eine volle Mobil­ma­chung Russ­lands würde den Krieg zuun­guns­ten der Ukraine ent­schei­den, aber womög­lich auf Kosten der Regime­sta­bi­li­tät in Moskau. Diese Fragen wägt Putin und die Regime-Entou­rage gerade ab, Ausgang ungewiss.

Ent­schei­dend für die Frage ob Russ­land im gegen­wär­ti­gen Rahmen den Krieg wird fort­set­zen können, wird der 1. April 2022 sein. An diesem Ein­rü­ckungs­ter­min rücken nicht nur hun­dert­tau­sende Wehr­pflich­tige in die Armee ein, sondern schei­den auch ebenso viele wieder aus (im preu­ßi­schen Mili­tär­jar­gon „aus­mus­tern“ genannt). Diese werden für Ver­trags­ver­hält­nisse in der Armee ange­wor­ben, um sie in den Krieg schi­cken zu können. Ins­be­son­dere frei­lich die Wehr­pflich­ti­gen jener kri­ti­schen Ele­mente, die den BTGs bisher fehlen). Dann könnte man die feh­len­den Werk­stät­ten und andere Aus­rüs­tung samt der schon fertig aus­ge­bil­de­ten Sol­da­ten in die Ukraine ver­le­gen. Nach diesem Datum ist also mit einer qua­li­ta­ti­ven und quan­ti­ta­ti­ven Ver­bes­se­rung der rus­si­schen Lage zu rechnen.

Ziel des Westens muss es daher sein, in der noch ver­blie­be­nen Zeit die ukrai­ni­sche Armee soweit zu unter­stüt­zen, dass die diesem neuen Angriff stand­hal­ten kann und durch schnelle, harte und breite Sank­tio­nen die rus­si­sche Wirt­schaft vor diesem Datum lahmzulegen.

6. Ukrai­ni­sche Verteidigung

Die ukrai­ni­schen Ver­tei­di­ger haben sich nicht nur als äußerst tapfer, sondern auch als tak­tisch und ope­ra­tiv ver­siert und fle­xi­bel ver­tei­di­gend erwie­sen. Dass die an Tag 15 noch ein­satz­be­reite Kampf­flug­zeuge und funk­ti­ons­fä­hige Flie­ger­ab­wehr­sys­teme mitt­le­rer Reich­weite ver­fü­gen, über­trifft die posi­tivs­ten Erwar­tun­gen. Aber auch die Ukrai­ni­sche Armee hat Ver­luste hin­neh­men müssen und der Ver­brauch von Muni­tion wird mit zuneh­men­der Dauer des Krieges zum Problem.

Die ukrai­ni­sche Armee ver­fügte vor dem Krieg über etwa 70 Batail­lone an Kampf­trup­pen (Pan­zer­kräfte, Mecha­ni­sierte Infan­te­rie, Infan­te­rie). Diese bilden nach wie vor den harten Kern der Ver­tei­di­gung an allen Front­ab­schnit­ten. Hinzu kamen etwa 50.000 Mann ein­be­ru­fene Reser­vis­ten und 100.000 Mann Ter­ri­to­ri­al­ver­tei­di­gung, hinzu Frei­wil­lige aus dem In- und Ausland. Die ukrai­ni­schen Kräfte konnten also in den letzten Tagen stark anwach­sen, aller­dings bestehen die fri­schen Kräfte aus leich­ter Infan­te­rie: sie kann den mecha­ni­sier­ten Kräfte Russ­lands nur stand­hal­ten, wenn sie ver­tei­di­gungs­güns­ti­ges Gelände nützen kann – in diesem Fall Städte. Außer­halb der Städte, ins­be­son­dere im flachen Agrar­land in der Süd­ukraine, können sie das nicht.

Auch haben die ukrai­ni­schen Ver­tei­di­ger das Problem, dass es mehr Raum als Kräfte gibt, um diesen abzu­de­cken. Rus­si­sche Truppen finden immer wieder Lücken zwi­schen den ukrai­ni­schen Ver­tei­di­gern, um an diesen vorbei in die Tiefe zu stoßen. Dann müssen die Ukrai­ner diesen den Nach­schub abschei­den, und die ein­ge­drun­ge­nen Spitzen mit mecha­ni­sier­ten Reser­ven ver­nich­ten. Dies gelang ins­be­son­dere um Kyjiw und Tscher­ni­hiw recht gut. Aller­dings kostet es auch der Ukraine Kräfte und Mate­rial, ins­be­son­dere das ihrer mecha­ni­sier­ten Reserven.

So viele Pan­zer­ab­wehr­waf­fen die Ukraine auch bekom­men mag, allein auf­grund des Gelän­des ist eine rein infan­te­ris­ti­sche Ver­tei­di­gung auf Dauer nicht durch­halt­bar. Um die ukrai­ni­sche Ver­tei­di­gungs­fä­hig­keit zu erhal­ten ist ein Nach­schub auch mit schwe­rem Gerät – Panzer, Artil­le­rie, Schüt­zen­pan­zer und der dazu­ge­hö­ri­gen Muni­tion drin­gend notwendig.

Sel­bi­ges gilt für die Luft­ver­tei­di­gung. In der ver­gan­ge­nen Woche konnte die Ukraine der rus­si­schen Luft­waffe die höchs­ten Ver­luste seit dem zweiten Welt­krieg zufügen. Aller­dings halfen das schlechte Wetter und die dicke Wol­ken­de­cke. Um Ziele iden­ti­fi­zie­ren und angrei­fen zu können, mussten die rus­si­schen Piloten die Wol­ken­de­cke unter­flie­gen und kamen so in den Bereich der ukrai­ni­schen Luft­ab­wehr, der es an schul­ter­ge­stütz­ten Raketen (Stinger, Igla, und pol­ni­sche Grom) nicht mangelt. Nun macht sich aber ein Hoch­druck­ge­biet über der Ukraine breit, und rus­si­sche Flug­zeuge können größere Höhen für ihre Angriffe nutzen.

Die Ukraine verfügt noch über ein­satz­fä­hige Flie­ger­ab­wehr­ra­ke­ten­sys­teme mitt­le­rer und großer Reich­weite, ins­be­son­dere Buk-M1 und S‑300. Auch fliegt die Luft­waffe Abfang­e­in­sätze. Solange diese Waf­fen­sys­teme eine Bedro­hung auch für hoch­flie­gende rus­si­sche Flug­zeuge dar­stel­len, wird die rus­si­sche Luft­waffe ihrer­seits Systeme zurück­hal­ten, die sie keinem großen Risiko aus­set­zen will. Das betrifft ins­be­son­dere Bomber (Tu-22M3, Tu-95/142, Tu-160), die das Rück­grat der luft­ge­stüt­zen nuklea­ren Abschre­ckung stellen, ande­rer­seits bei wenig Risiko (wie etwa in Syrien) zum Flä­chen­bom­bar­de­ment von Städten ein­ge­setzt werden. Die weitere Ver­füg­bar­keit solcher Kampf­mit­tel hat einen ent­schei­den­den, unmit­tel­ba­ren Ein­fluss auf die huma­ni­täre Lage.

7. Welche Militärhilfe

Die ukrai­ni­sche Armee braucht unsere unmit­tel­bare Unter­stüt­zung: umfas­send, unbü­ro­kra­tisch und sofort.

Kurz­fris­tig imple­men­tier­bare Hilfe besteht vor allem im Über­las­sen von Aus­rüs­tung, Gerät und Muni­tion, die in der Ukraine kei­ner­lei logis­ti­schen- oder Trai­nings­vor­lauf benö­ti­gen. Von Kalasch­ni­kow Sturm­ge­weh­ren über RPG‑7 und Muni­tion hinauf zu Kampf­pan­zern (T‑72, PT-91), Schüt­zen­pan­zern (BMP‑1/​2), Mann­schafts­trans­port­pan­zer (MT-LB, BTR) findet sich vor allem in den Armeen unserer öst­li­chen Ver­bün­de­ten vieles, was die Ukraine brau­chen und ver­wen­den kann. Auch MiG-29 Kampf­flug­zeuge gehören dazu, wie fin­ni­sche Buk-M1 und slo­wa­ki­sche und grie­chi­sche S‑300 und pol­ni­sche und grie­chi­sche 9K33 Osa Fliegerabwehrraketen.

Ins­be­son­dere Nach­schub an gepan­zer­ten Kampf- und Gefechts­fahr­zeu­gen ist für den Erhalt mecha­ni­sier­ter Reser­ven wichtig. Flie­ger­ab­wehr­lenk­waf­fen halten die Bedro­hung rus­si­scher Bomber durch diese auf­recht. Hier sind in erster Linie die öst­li­chen Ver­bün­de­ten Deutsch­lands gefragt, aller­dings muss bei vielen Geräten aus NVA Bestand auch eine deut­sche Export­ge­neh­mi­gung ein­ge­holt werden. Deutsch­land sollte den NATO-Part­nern, die ihre eigenen Armeen und Muni­ti­ons­be­stände durch diese Hilfs­lie­fe­run­gen ent­blö­ßen, direkt helfen, sowohl in der Nach­be­schaf­fung, als auch durch Sta­tio­nie­rung von Truppen zum Erhalt der ört­li­chen Sicherheit.

Weitere unmit­tel­bar nütz­li­che Aus­rüs­tungs­ge­gen­stände sind Win­ter­uni­for­men, Schutz­wes­ten, Helme, Nacht­sicht­ge­räte, Wär­me­bild­ge­räte, ver­schlüs­selte Funk­ge­räte, schwere Scharf­schüt­zen­ge­wehre, Pan­zer­ab­wehr­waf­fen aller Art, Flie­ger­f­äußte (MANPADS), Klein­droh­nen mit Wär­me­bild­ge­rä­ten, Dro­nen­stö­rer, Pan­zer­mi­nen, Pionier- und Baugerät.

Einen nicht zu unter­schät­zen­den Wert haben die Wei­ter­gabe von Auf­klä­rungs­er­geb­nis­sen, ins­be­son­dere nach­rich­ten­dienst­li­che Erkennt­nisse, Lage­bild­in­for­ma­tio­nen aus Satel­li­ten­bil­dern, elek­tro­ni­scher Über­wa­chung der rus­si­schen Kom­mu­ni­ka­tion und Radar­si­gnale, der Luft­raum­da­ten ins­be­son­dere zu Früh­war­nung vor Luft­an­grif­fen. Eine dem­entspre­chende Ver­stär­kung der Auf­klä­rungs­tä­tig­kei­ten der NATO durch die Bun­des­wehr und den BND ist mit aller Kraft zu forcieren.

Die Lie­fe­rung bewaff­ne­ter Drohnen und Muni­tion für diese, sowie selbst­ziel­su­chende Muni­tion (loi­te­ring muni­tion) wäre ein wir­kungs­vol­les Mittel, die Reich­weite der ukrai­ni­schen Artil­le­rie zu stei­gern und der Ukraine zu ermög­li­chen, hoch­wer­tige Ziele im Rücken des Feindes (Reser­ven, Gefechts­stände, Nach­schub, Bela­ge­rungs- und Rake­ten­ar­til­le­rie) anzu­grei­fen. Aller­dings hat Deutsch­land die ver­gan­ge­nen 20 Jahre mit frucht­lo­sen Debat­ten um ein Verbot solcher Waffen ver­geu­det. Solch ein Verbot war von Anfang an unrea­lis­tisch und fußte einzig und allein auf Wunsch­den­ken, dass durch „Frie­dens­for­scher“, die Abrüs­tungs­lobby und Poli­ti­ker ohne mili­tä­ri­sche Kennt­nisse per­p­etu­iert wurde. Deutsch­land hat hier nichts Ver­wert­ba­res anzu­bie­ten. Man könnte allen­falls Finanz­mit­tel für ihre Beschaf­fung aus anderen Quellen bereitstellen.

Schwe­di­sche Strix Gra­nat­wer­fer­mu­ni­tion zur Pan­zer­ab­wehr wäre eine wir­kungs­volle Unter­stüt­zung für die ukrai­ni­sche Infan­te­rie im Orts­kampf. Aller­dings ver­fü­gen nur Schwe­den und die Schweiz über diese Munition.

Mit­tel­fris­tig ist es damit aber nicht getan. Der Krieg in der Ukraine wird deut­lich länger dauern als ursprüng­lich ange­nom­men, und eine mili­tä­ri­sche Beset­zung der west­lichs­ten Oblaste durch das rus­si­sche Militär scheint derzeit kaum möglich. Es bietet sich also sowohl die Zeit, als auch die Mög­lich­keit, die Ukraine in tech­nisch aus­ge­reif­tere Waf­fen­sys­teme ein­zu­schu­len und diese aus­zu­lie­fern. In der West­ukraine könnte man dafür auch die ent­spre­chende Infra­struk­tur zur Wartung auf­bauen. Würde man hierzu einmal die deut­sche Büro­kra­tie über Bord kippen und beden­ken, dass die Ukrai­ner hierfür mehr als 40 Stunden die Woche arbei­ten, ginge das je nach System auch schnel­ler als in Friedenszeiten.

Systeme mitt­le­rer Kom­ple­xi­tät, die es in euro­päi­schen Lagern gibt, würden etwa diverse Vari­an­ten des Kampf­pan­zers Leopard 1 und 2, der Pan­zer­hau­bitze M‑109, diverse Vari­an­ten des M‑113 und ähn­li­cher Fahr­zeuge und anderer Mann­schafts­trans­port­pan­zer umfas­sen. So in Deutsch­land noch vor­han­den wären LARS Rake­ten­ar­til­le­rie­sys­teme und Skor­pion Minen­wer­fer, beide zum Ver­schuss der der AT‑2 Pan­zer­mine geeig­net, in Erwä­gung zu ziehen. Der Bereich Flie­ger­ab­wehr ist hier der pro­ble­ma­tischste, da moderne west­li­che Systeme erheb­li­che Kom­ple­xi­tät auf­wei­sen, und sich zum großen Teil nur im Erpro­bung- und Vor­se­ri­en­sta­dium befin­den. In Washing­ton macht man sich aber schon Gedan­ken darüber, was man liefern könnte, dem­entspre­chend wären Abspra­chen mit anderen lie­fer­fä­hi­gen Ver­bün­de­ten zu treffen. Dem­entspre­chende Vor­be­rei­tun­gen sind aber jetzt in die Wege zu leiten, damit sie in einigen Monaten wirksam werden können.

Die in der Öffent­lich­keit oft dis­ku­tier­ten Systeme Patriot eignen sich für die Ukraine wenig. Nicht nur ist Patriot in diver­sen Vari­an­ten über­kom­plex, und nur mit erheb­li­chem logis­ti­schem Aufwand und lang­wie­ri­ger Aus­bil­dung (ins­be­son­dere bei älteren Geräten) zu betrei­ben, auch ist das System zu sta­tisch für die beweg­li­che Kampf­füh­rung der Ukrai­ner (die ja ständig rus­si­schen Rake­ten­an­grif­fen aus­wei­chen müssen). Das fran­zö­si­sche VL-MICA und SAMP/​T (Aster) System ist deut­lich ein­fa­cher zu bedie­nen und mobiler, bräuchte aber unmit­tel­bare logis­ti­sche Anschluss­un­ter­stüt­zung durch Frank­reich in Polen. Dies­be­züg­li­che Ent­schei­dun­gen wären aber jetzt tu treffen, da solche Lie­fe­run­gen in jedem Fall erheb­li­chen Vorlauf an Aus­bil­dung und logis­ti­scher Vor­be­rei­tung brauchen.

8. NATO Force Posture

Der Krieg in der Ukraine, der mili­tä­ri­sche Auf­marsch in Belarus und der Krim stellen auch eine direkte Bedro­hung für die Sicher­heit der öst­li­chen Nach­bar­staa­ten Deutsch­lands dar. Von Russ­land gibt es bereits Dro­hun­gen, auch Flüch­tende, Hilfs­lie­fe­run­gen oder Waf­fen­trans­porte anzu­grei­fen, und nicht nur im Grenz­ge­biet sondern auch auf NATO-Territorium.

Hätte die NATO bereits im Oktober ange­fan­gen, den rus­si­schen Trup­pen­auf­marsch durch ent­spre­chende eigene Ver­le­gun­gen zu spie­geln, hätte man die rus­si­sche Furcht vor einem Ein­grei­fen des Westens als Druck­mit­tel nutzen und so die rus­si­sche ope­ra­tive Planung ver­kom­pli­zie­ren, wenn nicht sogar vor einem Angriff abschre­cken können. Aber diese Chance wurde verpasst.

Nun gilt es der Situa­tion hin­ter­her­zu­lau­fen und einen glaub­wür­di­gen, abschre­ckungs­fä­hi­gen Aufbau eigener Kräfte an der Ost­flanke ein­zu­lei­ten. Es darf keine Grau­zone ent­ste­hen, in der Russ­land eine Pro­vo­ka­tion lan­cie­ren könnte, ohne dass die NATO reagie­ren könnte. Auch ist die Sicher­heit jener Staaten, die Waffen an die Ukraine liefern (siehe oben) und sich dadurch ent­blö­ßen, durch direkte Trup­pen­sta­tio­nie­run­gen aus­zu­glei­chen. Das muss über das gegen­wär­tige Maß sym­bo­li­scher Sta­tio­nie­run­gen hin­aus­ge­hen. Die gesamte NRF muss jetzt vor­wärts sta­tio­niert werden. Eine ein­heit­li­che Führung unter NATO-Kom­man­do­struk­tur für den Kriegs­schau­platz Nordost und Südost  muss die Führung der alli­ier­ten Kräfte im Raum über­neh­men. Vor allem im Bereich Flieger und Rake­ten­ab­wehr müssen zusätz­li­che Ver­stär­kun­gen ein­be­zo­gen werden. Das deut­sche Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rium hat lange ver­spro­chen, im Kri­sen­fall bis zu divi­si­ons­starke Kräfte bereit­stel­len zu können. Die Krise ist schon lange da.

Frank­reich hat gestern eine Staffel Kampf­flug­zeuge nach Polen verlegt. Die Luft­waffe der Bun­des­wehr kann das Gleiche tun, ein Geschwa­der wäre frei­lich besser.

Erst wenn die Grenze der NATO ein abso­lu­tes und glaub­wür­di­ges Tabu für rus­si­sche Angriffe ist (das kann man nicht mit Worten, sondern nur mit mili­tä­ri­schen Taten unter­strei­chen), kann man die Tabu­zone auf Grenz­über­gänge und Flücht­lings­ko­lon­nen jen­seits der Grenze aus­deh­nen. Von da an kann man situa­tiv, Schritt für Schritt, durch Aus­rüs­tung und nach­rich­ten­dienst­li­che Unter­stüt­zung der Ukrai­ner die Hand­lungs­frei­heit der rus­si­schen Luft­waffe einschränken.

Über eine Flug­ver­bots­zone zum gegen­wär­ti­gen Stand zu dis­ku­tie­ren ist sinnlos. Es fehlen die Kräfte, um diese über­haupt durch­zu­set­zen. Auch poli­tisch ist nicht zu erwar­ten, dass ein solcher Beschluss in der NATO einfach durch­geht. Selbst wenn, hätte Russ­land genü­gend Mög­lich­kei­ten, Flug­zeuge der NATO vom Boden oder aus der Luft anzu­grei­fen und somit die NATO wieder vor die Wahl zu stellen, ent­we­der mili­tä­risch zu eska­lie­ren oder klein bei­zu­ge­ben. Aus den oben genann­ten Gründen – man schlit­tert nicht so schnell in einen Atom­krieg – würde Russ­land eher kon­ven­tio­nell eska­lie­ren. Wenn man aber einmal ein mili­tä­risch ernst zu neh­men­des Streit­kräf­te­dis­po­sitv an der Ost­flanke auf­ge­stellt hätte, könnte man zumin­dest den öffent­li­chen Druck für eine Flug­ver­bots­zone bzw. ein Ein­grei­fen gegen Russ­land diplo­ma­tisch ins Felde führen, um die rus­si­sche Führung zu ver­un­si­chern und zu ernst­haf­ten Ver­hand­lun­gen zu bringen. Das Vor­han­den­sein starker Kräfte allein erwei­tert bereits den eigenen diplo­ma­ti­schen Handlungsspielraum.

9. Sank­tio­nen

Das rus­si­sche Kalkül folgt gegen­wär­tig einzig und allein der mili­tä­ri­schen Logik. Wirt­schaft­li­che Zwangs­maß­nah­men müssen daher zeit­lich und in der Inten­si­tät an die mili­tä­ri­sche Zeit­leiste ange­passt werden. Das Pos­tu­lat, Sank­tio­nen müssten lang­fris­tig ange­legt sein und nach­hal­tige Wirkung ent­fal­ten ist fehl am Platz.  Es ist Putin egal, was in fünf Jahren mit der rus­si­schen Wirt­schaft pas­siert, sein Ent­schei­dungs­ho­ri­zont geht kaum über den ersten April hinaus.

Der Haupt­zweck von Sank­tio­nen muss in dieser Situa­tion sein, die rus­si­sche Wirt­schaft so hart, so schnell und so breit wie möglich zum Erlie­gen zu bringen. Ein vor dem ersten April ein­set­zen­der Zusam­men­bruch der rus­si­schen Wirt­schaft und der Staats­fi­nan­zen würde die oben beschrie­bene Aus­wei­tung des Krieges durch Russ­land schwer bis unmög­lich machen. Die innen­po­li­ti­schen Folgen wären zu hoch. Diesem Ziel sind alle anderen Maß­nah­men unterzuordnen.

Dafür müssen Sank­tio­nen nicht lang­fris­tig durch­halt­bar sein. Ein kom­plet­tes Öl und Gas­em­bargo gegen Russ­land könnte „für die Dauer der Kampf­hand­lun­gen“ ver­hängt werden. Öl und Gas­ex­porte sind die wich­tigs­ten Ein­nah­men und Devi­sen­quel­len des rus­si­schen Staates. Russ­land kann seine Ener­gie­ex­porte nicht so schnell diver­si­fi­zie­ren. Gemein­same Gas- und Ölein­käufe durch die Kom­mis­sion (ähn­li­che Instru­mente gibt es bei Kern­brenn­stä­ben) würden die Gas­be­schaf­fung für kauf­kraft­schwä­chere Staaten erschwing­lich machen.

Ale bis­he­ri­gen Sank­tio­nen und Ein­schrän­kun­gen müssen auf den gesam­ten Uni­ons­staat aus­ge­dehnt werden (Russ­land und Belarus) um ein Umgehen der Sank­tio­nen über die bela­rus­si­sche Kolonie zu verhindern.

Eine Aus­wei­tung und Ver­tie­fung der Ban­kensank­tio­nen, etwa das Verbot in Euro zu handeln und wech­sel­sei­tig Depen­den­zen zu unter­hal­ten, muss rasch ergrif­fen werden. Ebenso sollten exter­ri­to­riale Sank­tio­nen, ins­be­son­dere Druck auf chi­ne­si­sche und indi­sche Banken, sich vom rus­si­schen Markt zurück­zu­zie­hen, aus­ge­wei­tet werden.

Wenn wir heute nicht alles tun, um den Abwehr­kampf der Ukraine zu unter­stüt­zen, werden wir morgen für uns kämpfen müssen. (Quelle>>>)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Ukraine und Ostpolen

 


#22.03.14 Krieg, Ukraine und Ostpolen

Cara und Boris fuhren nach dem Frühstück zum Empfang eines weiteren, von uns organisierten Kleintransporters, mit Medikamenten und medizinischen Hilfsmitteln. Sie kümmerten sich auch um die Verteilung und machten das gut. Nastya arbeitete am Laptop für ihr Studium und ich an meinem, um den üblichen Routinekram zu erledigen, sowie weitere Lieferungen mit Hilfsgütern zu organisieren; außerdem zum Spendensammeln und mehr finanzielle Quellen erschließen. Das Alles kostet trotz der riesigen Hilfs- und Spendenbereitschaft, der ehrenamtlichen Hilfe vieler Mitwirkenden, trotzdem auch verdammt viel Geld. *seufz*

Kurz vor 11 Uhr schaffte es die schöne Olya, den nicht so ganz leicht zu findenden Weg zu der Datscha im Wäldchen doch zu finden und Nastya begrüßte sie herzlich. Olya ist auch ein Net Pay Akt Model und eine Freundin; sehr sexy mit toller Figur und fast polangen, hellblond gefärbten Haaren. Nicht ganz so clever wie Nastya, studiert sie auch nicht, bestreitet halt einfach ihren Lebensunterhalt als Akt Model, so lange sie noch jung und schön genug dafür ist. Locker ungeniert und sympathisch, richtete sie sich mit ihren Sachen in der Datscha ein.

Die letzten zwei Wochen hatte sich Olya in der mittleren Ukraine bei Freunden versteckt; doch jetzt wo es auch erste Angriffe auf Dnipro gab, wurde ihr das etwas zu unsicher und fragte sie Nastya, ob sie nicht zu uns nach Lviv kommen könne. Selbstverständlich hatte ich das nicht abgelehnt und hies sie ebenfalls sehr freundlich willkommen. Olya konnte einen Großteil ihrer Sachen aus Charkiv retten, hat jedoch ihr Appartement verloren, als das Haus in einem nördlichen Vorort von den Russen unter Feuer genommen wurde.

Genau wie Nastya ist sie nun ebenfalls daran interessiert, weiterhin Fotos zu schießen und auf ihre Site hoch zu laden, damit finanzielle Einnahmen hat. Das wollte ich für die Schöne natürlich genauso gerne übernehmen, wie für Nastya. Welcher Mann hätte schon etwas dagegen, gleich zwei ungeniert lockere sexy Blondinen kaum oder gar nicht bekleidet knipsen und auch selbst so sehen zu dürfen? Natürlich keiner! *grins*

Ich unterhielt mich zwecks kennenlernen aber zunächst nur kurz mit Olya, da ich anderes zu tun hatte; aber sie machte definitiv einen recht guten, unkompliziert netten Eindruck auf mich und wie immer verlies ich mich dabei auf meine stets so zuverlässig funktionierende,  empathische Menschenkenntnis, Instinkte und Bauchgefühl; damit liege ich nahezu immer richtig.

Cara und Boris holten mich mit dem GL ab und wir fuhren zu einem Militärcamp weiter außerhalb. Es ging um eine Besprechung, wo das von Freunden im Westen her geschickte, komplett ausgestattete Feldlazarett nun endlich aufgebaut werden sollte. Auch darum welchen Nachschub an medizinischem Material ich / wir dafür sicherstellen könnten. Es gibt sogar einige freiwillige Ärzte aus dem Westen, die dort gerne arbeiten und helfen wollten.

Nach der Besprechung mit dem hohen Offizier Viktor, überraschte mich dieser noch mit Nachfragen bezüglich meiner Einschätzung der militärischen Lage und gab mir dazu eine ziemlich weit gehende Einführung über Truppenaufstellungen, verfügbare Waffen, Kampfkraft usw. Ein erstaunlicher Vertrauensbeweis so was mit mir Ausländer zu besprechen, was mich doch ziemlich verwunderte. Zwar war ich auch mal Offizier, aber das ist ewig her und als Militärexperte würde ich mich heutzutage ganz sicher nicht bezeichnen.

Selbstverständlich darf ich darüber nichts weiter schreiben, aber es war auf jeden Fall ein hoch interessantes Gespräch. Der hohe Offizier ist eindeutig ein cooler Vollprofi, der genau weiß was er tut… und wie nahezu alle Ukrainer ist er fest entschlossen, den mörderischen Truppen des Diktators aus dem Kreml, sein Land, seine Heimat nicht zu überlassen.

Plötzlich gab es laut heulend lokalen Luftalarm, also speziell auf diese Militärbasis bezogen und nicht allgemein für die Region. Schnell liefen wir alle in Deckung und schmissen uns in dafür vorgesehene, geschützte Gräben…

*KRAWUUUMMM*

…explodierte irgendwas  überwältigend laut, so das die Luft zitterte und man es regelrecht spürte. Gleich darauf noch eine, etwas weiter entfernte Explosion, offenbar hoch in der Luft.

Oh Schreck! Da pumpt dir das Adrenalin durch den Körper, aber es ist wichtig möglichst ruhig zu bleiben. Trotzdem könnte ich unmöglich sagen, wie lange es dauerte bis es wieder Entwarnung gab und wir verdreckt aus den Gräben kletterten. Vermutlich kaum 10 – 15 Minuten, aber es kam einem ewig vor. Weit entfernt hinter einem Waldstreifen, konnte man noch eine größere, leuchtende Explosions- oder Brandwolke erkennen. Später erfuhr ich, dass offenbar zwei (oder mehrere?) russische Raketen oder Marschflugkörper auf das Militärcamp gezielt waren, jedoch von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen werden konnten, bevor sie gezielt einschlagen konnten.

Also sind sie noch in der Luft beim Anflug explodiert, was zwar furchtbar laut ist aber keinen weiteren Schaden anrichtete; außer man befindet sich unter den abstürzenden Flugkörpern und bekommt die Trümmer auf den Kopf. Wie es ausschaute gab es jedoch nur Brände in dem Waldstreifen, die sich jedoch bei der Witterung bald selbst löschten.

Wirklich überraschend war es ohnehin nicht; schon am Morgen hatte es auch in Lviv wieder Luftalarm gegeben und waren ganz weit entfernt Explosionen mehr zu erahnen, als tatsächlich festzustellen. Putins Militär setzt also die schon mehrmals beschriebene Terror Strategie fort, um nun auch in der Westukraine und damit im ganzen Land, Angst und Schrecken zu verbreiten. Aber wenn man sich persönlich in einem militärischen Angriffsziel befindet, ist das natürlich verflucht gefährlich.

Hätten die Flugkörper oder Raketen nicht gerade noch rechtzeitig abgefangen und abgeschossen werden können und wären sie eingeschlagen, hätte es bei der ungeheuren Zerstörungskraft moderner Waffen fraglos Tote oder zumindest Verletzte und erhebliche Zerstörungen gegeben. Zum Glück bin ich nicht leicht aus der Ruhe zu bringen und gerate so gut wie nie in Panik. Angenehm war es selbstverständlich aber auch nicht. Ist ja ganz egal ob jemand gezielt auf dich schießt oder du durch einen dämlichen Zufallstreffer verstümmelt oder getötet wirst. *seufz*

Nein wohl fühlte ich mich bei der stetigen Verschärfung der Lage, nun auch hier im Großraum Lviv nicht gerade. Wenn das so weiter geht, wird es Zeit über eine baldige Abreise in Nato Gebiet nachzudenken und auf Deutsch gesagt halt schlicht abzuhauen. Mein Herz sagt zwar hier bleiben und dadurch sozusagen den Ukrainern Solidarität zu zeigen, aber in solchen Dingen sollte man doch einen sehr kühlen Kopf behalten und nach Vernunft agieren. Auch hinter der EU Grenze kann ich weiterhin Hilfe organisieren; vielleicht sogar noch besser als vor Ort.

Zurück in der Datscha, duschte gerade Nastya und gleich darauf ging auch ich mir den Dreck der Schützengräben abspülen. Mit ihr und Olya besprach ich dann schon mal die aktuelle Lage; etwas später auch mit Cara und Boris. Cara selbst kann ja nicht weg und auch Boris äußerte den Wunsch, seine Freistellung als mein Fahrer aufzugeben und sich ebenfalls zum Militär zu melden.

Trotz seiner Ausbildung als Special Force Soldat, ist er eigentlich gar nicht der Typ sich freiwillig in mörderische Kämpfe zu stürzen; und zudem ist auch er eigentlich mehr Russe als Ukrainer gewesen, der früher durchaus Sympathien für Putins Russland hatte. Doch wie mittlerweile so viele russische Ukrainer, nachdem sie / er nun gesehen haben was das für ein Regime ist und was sie in der Ukraine anrichten, ist auch er aufgewacht und verabscheut nun nur noch Putins Russland.

Olya und Nastya erklärten, meinem Urteil zu vertrauen, ob und wann wir wirklich von hier abhauen sollten. Da zumindest die abgelegene Datscha in dem abgelegenen Wäldchen weit weg von jedem sinnvollen Angriffsziel liegt, beschloss ich zunächst noch etwas abzuwarten und zu schauen wie sich die Lage entwickelt. Quasi zur Ablenkung und um auf andere Gedanken zu kommen, machte ich mit den sexy Schönheiten auch noch ein kleines Shooting.

Wie schon erwähnt benötigen sie ja auch ständigen Nachschub an sexy Pics für ihre Pay Sites, doch wir hatten auch unabhängig davon Spaß dabei. Beide sind Models von der Sorte, die einfach gerne posieren und ihre weiblichen Reize in Szene setzen; und das mit ziemlich ausgeprägten, exhibitionistischen Neigungen. Auch ihr Humor ist sehr ähnlich und ‚gesund’, wie man so sagt. Es macht ihnen schlicht Freude ‚Weibchen’ zu spielen, sexy- frech und auch ungeniert nackig zu sein, mit dem Fotografen zu flirten und ein bisschen zu provozieren. *schmunzel*

Selbst jetzt in schrecklichen Kriegszeiten und garantiert noch viel mehr zu normalen Zeiten, sind sie sehr sympathische junge Frauen, mit denen man richtig viel Spaß haben kann. Einfach nette, lebenslustige Girls, die auch wahnsinnig gerne mit Männern flirten die ihnen gefallen; die einfach nur leben wollen, wie es sich für junge Menschen gehört. Nastya ist dabei ein bisschen intellektueller drauf, als die nicht ganz so clevere Olya, doch im Prinzip und im Leben sind sie sich doch wieder sehr ähnlich. Und wenn du auch ein netter Mann bist, der ihnen nichts Böses will, dann schenken sie dir dafür unkompliziert viel Liebreiz, Spaß und Freuden; wenn sie dich  richtig gerne haben, sogar auch etwas Herz und Seele. Wie könnte Mann solch entzückende Wesen nicht automatisch gerne haben? *smile*




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Gut erholt und ausgeschlafen frühstückten wir und fuhren dann zu dem sozusagen Umsteige- ‚Bahnhof’, um einen weiteren Bus mit Flüchtlingen aus dem Osten, auf einen Bus aus dem Westen umzuladen, der sie weiter in die EU bringt. Das klappte reibungslos, auch die die Gesichter der Leute immer ängstlicher und erschöpfter, entsetzter und betroffener wirken. Putins Militärmafia bombardiert immer ausgiebiger und geht stetig rücksichtsloser vor.

Waren die meisten Flüchtlinge aus der Gegend von z. B. Dnipro vor einiger Zeit noch eher allgemein ängstlich und erschöpft von der umständlichen und langwierigen Reise, hatte aber direkt keine schlimmen Kriegerlebnisse. Inzwischen bekommen viel mehr Einschläge, Explosionen usw. mit und sehen auch mal Tote. Flüchtlinge die es aus den hart umkämpften Städten, wie Kyiv, Charkiv oder gar Mariupol geschafft haben, sehen natürlich noch viel betroffener und traumatisierter aus. Furchtbar vor allem für all die unschuldigen Kinder.

Boris setzte mich dann an der Datscha ab, wo ich Online einiges zu erledigen hatte; er fuhr mit den Frauen zur Verteilung und Weiterleitung einer weiteren Hilfslieferung von unseren Freunden im Westen. Bei knapp 1° plus rauchte ich draußen noch eine und dachte plötzlich an diese nette, clevere Journalistik Studentin Livia. Bei unserer Plauderei kürzlich hatte sie etwas erwähnt, was ich mal nachfragen könnte.

Nur wenige Kilometer hinter der polnischen Grenze, sollten Gute Bekannte von ihr in einem schönen, nationalen Waldschutzgebiet, auch so eine Art Datscha & Bauernhof Ferienunterkunft betreiben. Zu normalen Zeiten Sommers wie Winters vermutlich beliebt bei Naturliebhabern, dürften dort jetzt bei nur wenige Kilometer entfernten Kriegsereignissen, wohl kaum viel los sein. Vielleicht könnte ich die ganze Anlage anmieten, dort Flüchtlinge unterbringen und einen neuen, sicheren Umschlagplatz einrichten…, hatte ich so als Idee im Hinterkopf. Vorausgesetzt die polnischen Behörden, die über 1,5 Mio. Flüchtlinge im Land verteilen müssen, hatten nicht selbst schon darauf zugegriffen.

Leider hatten wir vergessen Handy Nummern auszutauschen, also spazierte ich zu der Kinderbetreuungsstelle, wo Livia mithilft. Sie war jedoch nicht dort, doch sie erklärten mir den Weg zu ihrem Zuhause. Das war auch nicht weit und in etwa nur einer Viertelstunde, selbst in gemütlichem Spaziertempo erreichbar. Ein hübsches, kleines Häuschen in einer winzigen Einheimischen Ansiedelung, kaum mehr als ein großer Bauernhof mit mehreren Gebäuden und leicht zu finden. Eine Klingel gab es nicht, so klopfte ich kräftig an die Außentüre… und nach kurzer Pause kam durch eine erstaunlicherweise vorhandene Sprechanlage die Aufforderung: »Komm rein, ich bin hinten…« ohne das meine Meldung abgewartet wurde.

Nanu war sie vom Kinderhort telefonisch verständigt worden, dass ich komme oder erwartete sie jemand anderen. Nun egal, die Tür war nicht verriegelt, als ging ich einfach rein. Natürlich nicht ohne mir vorher Schnee und Dreck von den Schuhen abzuklopfen. Gleich rechts befand sich eine typische Gäste Garderobe mit Haken zum aufhängen und dort lies ich meine dicke Winterjacke, denn das Häuschen war mollig warm so geheizt, dass ich schon beim eintreten ein bisschen ins schwitzen kam.

Direkt vor mir führte ein etwas düsterer Gang zu Hinterseite des Häuschen, wo offensichtlich eine Türe halb offen stand, durch welche Licht auf den Gang fiel. Nur wenige Schritte und schon konnte ich in das Zimmer weit genug hineinschauen… um sozusagen fast einen kleinen Schreck zu bekommen. Livia hatte wohl wirklich eine Freundin oder so erwartet, denn sie hockte anscheinend frisch geduscht, mit hoch gesteckten Haaren, splitternackig vor einem großen, altmodischen Schminkspiegel mit Tischchen. Offenbar manikürte oder lackierte sie sich gerade die Fußnägel.

Ein verflucht reizvoller, entzückender Anblick sehr hübscher, zart gebauter junger Weiblichkeit, bei einer völlig entspannt- intimen Tätigkeit im sicheren Zuhause. Unmöglich diesen Anblick als Mann nicht zu genießen! *grins* Aber um nicht wie ein heimlicher Voyeur zu wirken, lehnte ich mich verschmitzt lächelnd in den Türrahmen, hüstelte und meinte sehr gespannt auf ihre Reaktion: »Hallo Livia, ich hoffe, ich störe nicht…«

»Waaahh… hahaha… ach du bist es…« erkannte sie natürlich sofort anhand meiner Männerstimme, dass ich nicht die Person war, mit welcher sie wohl gerechnet hatte. Aber bemerkenswerterweise zeigte sie auch keine erschreckt sauere oder gar panische Reaktion, obwohl sie da so schutzlos ganz nackig hockte und ich Fremder, viel älterer Mann sie so sehen konnte. Auf sehr sympathische und auch ganz leicht frech- provokante Art nahm sie es mit Humor und blinzelte lächelnd zu mir; auch ohne nun sofort panisch nach irgendwelchen Möglichkeiten zu greifen, ihre entzückende Blöße vor meinen genießenden Augen zu verbergen, wie es viele weibliche Wesen reflexartig getan hätten.

»Ja tut mir nicht leid, das nur ich es bin höhö.« Gluckste ich und registrierte sehr wohl, dass sich nirgendwo in ihrer Griffreichweite ein Bademantel oder sonst etwas befand, womit sie sich schnell hätte bedenken können; nur die Gardine respektive den Vorhang am Fenster hätte sie herunter reißen können.

»Nur du… hihi…, na wenn nur du es bist, dann mach dich wenigstens nützlich und bring mir den Bademantel von dem Haken hinter der Tür!« Blinzelte sie scheinbar cool aber mit blitzenden Augen, die verrieten das auch sie diese überraschend intim- reizvolle Situation keineswegs als unangenehm empfand, sondern auf gewisse weise sogar Spaß daran hatte. Hmmm… war das ganze Schauspiel womöglich doch kein reiner Zufall, sondern mit weiblicher Raffinesse geplant? Ohne dessen sicher sein zu können, hatte ich aber doch eher den Eindruck, dass sie wirklich mit einem ganz anderen Besucher gerechnet hatte; vermutlich einer Freundin.

»Wie wunderschöne Lady befehlen…« ging ich also ins Zimmer und griff mir den flauschigen Bademantel von der Innenseite der Türe und schritt langsam zu ihr. »…allerdings hasse ich es Umstände zu bereiten und empfinde es als geradezu schrecklichen Frevel dazu beizutragen, dass ich einen so wunderschönen Anblick nicht weiterhin genießen darf. Eigentlich verlangst du da etwas absolut unmögliches von mir!« Grinste ich verschmitzt sehr breit und zog den ausgestreckten Arm mit dem Bademantel langsam wieder so weit von ihr zurück, dass sie nicht einfach danach greifen konnte ohne aufzustehen und mir dadurch noch viel mehr von ihrer bezaubernden Nacktheit zu zeigen. Sehr frech setzte ich mich außerhalb ihrer Arm- Reichweite auf das ebenfalls sehr altmodische Sofa neben dem Schminktisch. Mit sozusagen hoch erfreut genießenden, männlich anerkennenden aber auch respektvollen Blicken, lies ich meine Augen über ihre wirklich sehr reizvollen Formen wandern; gab damit zu verstechen sie wirklich wunderschön verlockend zu finden, aber dennoch nicht die Absicht zu haben, nun irgendwie Übergriffig werden zu wollen, so dass sie sich trotz ihrer schutzlosen Nacktheit doch sicher vor männlicher Belästigung fühlen konnte.

» Was für ein Vortrag… du raffinierter Schlawiner!« Schmunzelte sie mit sehr funkelnden und fraulich amüsierten Augen zu mir, zündete sich scheinbar ganz ungeniert cool eine Zigarette an und paffte genüsslich. Eine Art von Reaktion, mit der ich bei einer katholischen Polin, die absolut nichts mit Modeln oder so zu tun hat, eher nicht gerechnet hatte.

»Ich wusste gar nicht das du rauchst; darf ich ebenfalls?« Tat ich als säßen wir normal bekleidet in einem Wohnzimmer und würden eine ebenso normale Unterhaltung führen. Aber meine sehr genießenden, männlichen Blicke wanderten dabei doch auch ständig über ihre entzückende Nacktheit, schauten ihr jedoch die meiste Zeit fest in die selbstbewussten, klugen und funkelnden Augen.

»Klar… tu dir keinen Zwang an.« Tat sie genauso und bemühte sich dabei keineswegs, möglichst viel ihrer Reize vor meinen Blicken zu verbergen. Tatsächlich saß sie so völlig entspannt nackig da, als wäre sie ein routiniertes Akt Model oder eine Nudistin seit Kindertagen. Ach ja… das ewige Rätsel Frau, dass wir dummen Männer nie wirklich verstehen werden. *schmunzel*

»Danke sehr bezaubernde Livia…« zündete ich mir also auch eine Kippe an.

»Zittern deine Hände etwa ein bisschen…« blinzelte sie frech flirtend, während wir uns beide dem sinnlichen Zauber dieser Situation sehr bewusst waren und mit sozusagen glänzenden Augen anschauten.

»Könnte durchaus sein… bei einem derart entzückend schönen Anblick.«

»Dankeschön haha… als ob so ein Casanova Akt Fotograf nicht dauernd sehr viel schöne, nackte Frauen zu sehen bekäme. Aber deine Komplimente sind sehr raffiniert charmant.« Zwinkerte Livia und streckte mit einer wortlosen Aufforderung ihre Hand zu mir; eine Geste die ich sofort verstand, so wie wir uns offensichtlich beide wortlos sehr gut verstanden, Anziehungskraft und leicht kribbelnde Gefühle füreinander empfanden. Auch wortlos reichte ich ihr den Bademantel, in welchen sie ohne irgendwelche Eile schlüpfte und sich auch dabei wieder kaum bemühte, ihre Nacktheit vor meinen Augen zu verbergen, bis sie sich hinein gewickelt hatte.

WOW! ist doch immer mal wieder fantastisch, was ich so alles mit dem entzückend schönen, anderen Geschlecht erleben darf! Als wäre alles wie bei einem völlig normalen Besuch bei einem Freund, gingen wir in die gemütliche Wohnküche des Häuschens, wo Livia Snacks und Cafe auftischte. Sachlich und geschäftsmäßig besprachen wir meine Idee mit der Ferienhausanlage hinter der polnischen Grenze. Die Blicke welche wir dabei wechselten, waren aber alles andere als cool- sachlich.

»Eine tolle Idee, da möchte ich gerne vermitteln und helfen.« War Livia sofort begeistert dabei.

»Schön… am Besten rufst du gleich mal bei deinen Bekannten dort an und fragst, ob es überhaupt möglich wäre.«

»Richtig…« machte sie das und wir erfuhren, dass wie von mir vermutet, die Anlage wegen der Kriegssituation im Nachbarland tatsächlich aktuell fast völlig leer ist; lediglich zwei alte Rentnerpaare sind noch als Gäste dort. Vermutlich wegen der abgelegenen Lage hatte bisher auch keine Hilfsorganisation oder der polnische Staat die Absicht erkennen lassen, dort Flüchtlinge unterzubringen.

Wir vereinbarten gleich Morgen früh zu einem Erkundungsbesuch hin zu fahren, was von Lviv aus in weniger als zwei Stunden möglich sein müsste, wenn wir die Hauptroute und den Grenzübergang vermieden, über welchen sich der Großteil der Flüchtlingsströme bewegt. Mit Livia spazierte ich zurück zu der Kinderbetreuung, wo sie heute Abend vier Stunden mitarbeiten und helfen wollte. Zum Abschied bekam ich eine gefühlvoll- liebe Küsschen Umarmung in der Winterkälte und lief gleich weiter zur Datscha, wo ja einige Online Arbeit auf mich wartete.

Olya war auch schon dort und entspannte gerade reizvoll nackend auf dem Bett, erzählte das bei ihnen alles wie geplant geklappt habe. Nastya, Cara und Boris waren noch unterwegs, um frische Lebensmittel für uns und das Kindercamp einzukaufen. Am Abend feuerte Boris wieder den Außengrill der Datscha an und bereiteten wir köstliche Fleischspieße mit Gemüse, Tomatensalat und Kartoffeln zu, was uns sehr lecker mundete. Im gemütlich- entspannten beisammen sein mit lachen und scherzen, verbannten wir den Krieg aus unseren Gedanken und gingen gegen 23 Uhr wohlig müde schlafen.






#

Wie abgesprochen erschien Livia zum Frühstück bei uns und danach chauffierte uns Boris über die polnische Grenze zu der Bauernhof- Ferien- Anlage. Sehr abgelegen tief versteckt im Wald und nur über einen Feldweg erreichbar, liegen mehrere alte, aber renovierte und modernisierte Gebäude, wohl eines ehemaligen Waldbauernhof oder Wehrbauern Anwesens. Zwei aus Stein und mehrere aus Holz oder in Blockhaus Bauweise. Ideal für totale Entspannung und Entschleunigung in der Natur, für bis zu etwa gut zwei Dutzend Gäste. Nebenher läuft auch noch ein stark reduzierter Bauernhof- Landwirtschaftsbetrieb mit.

Schnee lag dort keiner mehr und die Betreiber, eine Großfamilie mit wenigen Angestellten, machte einen sehr gastfreundlich- sympathischen und auch seriösen Eindruck auf mich. Ruhe, Stille, Waldrauschen und Vogelgezwitscher, schnurrende Katzen, liebe Hunde und was weiß ich noch für Haustiere, sorgen in wohlfühl- Umgebung für ein sicheres, entspanntes Zuhause Gefühl, auch durch die herzlichen Menschen, welche sich darum kümmern das Gäste sich auch wirklich rundum wohl fühlen.

Trotzdem haben sie auch ein flottes Internet und Handynetz um mit der geschäftigen Welt in Kontakt zu bleiben. Familien mit Kindern, ältere Leute und speziell Wander- und Waldfreude, mit einer entsprechenden Tierwelt im Wald, dürften sich hier zu günstigen Preisen sauwohl fühlen. Prima auch für gestresste Großstädter, die völlige Ruhe und Entspannung suchen, mit üppiger Bauernkost sozusagen gemästet werden. Ein kleiner Waldsee unterhalb des Hügels auf dem sich die Gebäude gruppieren, bietet in wärmeren Jahreszeiten Möglichkeiten für erfrischenden Badespaß. Alles ist sehr einfach in ‚Bed & Brakfast’ Pensionen Art gehalten, aber sauber, gepflegt und mit Liebe betrieben. Nur im großen Haupthaus gibt es auch etwas luxuriösere Zimmer oder kleine Suiten.

Wie schon erwähnt, nur wenige Kilometer hinter der Grenze zur Ukraine gelegen, haben nun die meisten Gäste mit verständlichen, menschlichen Ängsten abgesagt, um nicht so Nahe an einem Kriegsgebiet zu sein. Für die Betreiber ist das natürlich eine kleine Katastrophe aber doch auch nicht so schlimm, wie man glauben könnte. Alles rundum gehört ihnen selbst und wenn sie die Kosten des normalen Betriebs durch totales herunter fahren reduzieren, könnten sie fast unabhängig sehr lange für sich alleine als Großfamilie durchhalten.

Viele der älteren Kinder und Erwachsenen oder engeren Verwandten als Mitarbeiter, haben zudem auch Jobs mit anderen Einnahmen, so dass selbst die Finanzen nicht all zu eng werden. Wie ein großer, altmodischer Clan unterstützen sich offensichtlich alle gegenseitig und machen sich nicht wirklich Sorgen um ihr Überleben. So lange niemand kommt und sie direkt vertreibt oder umbringt oder völlige Verrücktheiten wie einen (atomaren) dritten Weltkrieg anzettelt, könnten sie hier gar nicht mal so schlecht kleine Ewigkeiten überleben.

Aber alle sind auch extrem froh, dass Polen in der Nato und im Westen integriert ist, denn im Gegensatz zu den naiven, wohlstandsverweichlichten Westpolitikern gerade und speziell in Deutschland, haben und hatten die meisten Polen und besonders die Ostpolen, nie irgendwelche Illusionen über Russland im Allgemeinen und Putin im speziellen.

Wie so viele Polen, sind auch sie hier äußerst Hilfsbereit zu den Ukrainern und haben bereits einige Flüchtlinge aufgenommen. Meine Idee ihr Anwesen zu großen Teilen oder ganz, zu äußerst günstigen Vorzugspreisen anzumieten, um hier noch mehr Flüchtlinge zeitweise unterzubringen, was ihnen zwar geringe aber sichere Einnahmen ermöglichen würde, fanden sie richtig gut. Wir blieben auch zum Mittagessen und wurden mit köstlichen, natürlich hausgemachten, gefüllten Knödeln plus diversen Beilagen, geradezu bis zum platzen gefüttert. *schmunzel*

»Oh Gott… ich kann nicht mehr!« Stöhnte Livia als wir zu ebenfalls sehr gutem Cafe danach, auch noch jede Menge selbst Gebackenes aufgetischt bekamen. Wer üppige, gute Bauern- Hausmannskost mag, und ich fürchte ich mag das etwas zu sehr, der wird hier sehr glücklich. Dabei futterte die schlanke, zart gebaute, hübsche Livia ohnehin schon vielleicht nur ein Drittel von dem, was ich Bär reinschaufelte.

»Ich auch nicht mehr… uff, uff… aber echt lecker ist es.« Stöhnte ich grinsend zurück.

»Oh ja ZU lecker!« Betonte sie, während Boris grinste und noch ein Stück verdrückte. Als russischer Ukrainer der mit ähnlich üppiger Bauernkost aufgewachsen ist, kann er trotz seiner total durchtrainiert- sportlichen Figur unglaubliche Mengen verdrücken. Alles was er an Kalorien zu viel verputzt, arbeitet er schnellstmöglich mit intensivem Training wieder ab. Ich mache zwar auch täglich etwas Training und / oder spezielle Cardio Gymnastik, aber im vergleich zu dem was er macht, ist das sozusagen nur Spielplatz.

Während er also gleich darauf ordentliches Krafttraining machen wollte, unternahmen Livia und ich einen ausführlichen Verdauungsspaziergang durch die schöne Natur. Jetzt noch im Spätwinter / wohl erst später beginnenden Frühling, ist natürlich vieles kahl und nicht so hübsch. Aber in Ostpolen und auch hier sind noch etliche Wälder völlig Naturbelassen, mit nur wenigen Wegen und kleinen Siedlungen. Teilsweise sogar wie fast unberührte europäische Urwälder, wie es sie nur noch ganz im Osten gibt.

In solchen Regionen hält sich die Natur selbst intakt und ist trotzdem zu jeder Jahreszeit schön. Zudem hatte auch die Bewölkung etwas aufgeklart und kamen sogar ab und zu mal Sonnenstrahlen durch. Man spürte bereits deren Wärme und Kraft, welche bald für den beginnenden Frühling sorgen wird. Immerhin haben wir schon Mitte März, allzu lange dürfte es also nicht mehr dauern. Der Kälteeinbruch der letzten Tage gehörte da wohl eher zu den letzten Zuckungen des Winters. Heute stiegen die Temperaturen tagsüber immerhin schon auf 6°, auch wenn es in der Nacht wieder leichten Frost geben sollte.

»Ach was für eine himmlische Ruhe hier; nur wenige Kilometer westlich aber auf Nato Gebiet und man fühlt sich plötzlich sicher weit weg vom Krieg.« Seufzte Livia.

»Ja die armen Ukrainer müssen nun leider in einer Art Stellvertreterkrieg, all die egoistische Dämlichkeit westlicher Politik gegenüber Putin ausbaden und mit sehr viel Leid, Elend und Toten dafür bezahlen, dass der Westen zu faul, egoistisch und feige war, den Kremldiktator rechtzeitig zu stoppen.« Nahm ich die Hübsche beim langsamen spazieren über einen Feldweg mal sozusagen tröstend in den Arm.

»Ach weißt du Steve, ich verstehe das sogar gut; ich war schon so viel im Westen und liebe euer freies leben in demokratischer Rechtsstaatlichkeit; auch ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, dass die Kreml Mafia eines Tages tatsächlich so weit gehen würde einen richtigen, großen, brutalen Krieg zu beginnen. Was für skrupellose Verbrecher in Russland regieren, weiß ich gerade als gut informierte Journalistin sehr genau. Aber das sie so weit gehen würden…«

»Ja Livia auch ich wusste nur zu gut, was für eine mörderische Bande im Kreml sitzt und warnte schon sehr lange vor Putin. Aber dass er so dumm sein könnte einen großen Krieg in Europa anzuzetteln, dass erschien selbst mir doch arg unwahrscheinlich. Schon deshalb weil Putin eigentlich ein verdammt abgebrühter, cleverer Politiker war, von dem ich so einen großen Fehler nicht erwartete. Langfristig kann er unmöglich gewinnen und richtet damit auch sehr großen Schaden für sein Russland an. Da kam wohl irgendwann der in autoritären Systemen immanente Effekt zum tragen, den man „die automatische Selbstverdummung der Autokratien“ nennt. Realitätsverlust durch nur noch umgeben von servilen Jasagern, irgendwann quasi an die eigene, verlogen- irrsinnige Propaganda glauben, ein System in welchem nicht die Fähigsten, sondern die Skrupellosesten und Korruptesten nach oben kommen. Alle Diktaturen ähnlicher Art im Westen, der letzten gut 100 Jahre, sind früher oder später grandios gescheitert; eben weil ihr errichtetes System so funktioniert, wie es funktioniert.«

» Du meinst „Das Gesetz der Verdummung von Autokraten“, von Herfried Münkler?« Warf Livia ein und zeigte damit ihren beachtlichen Grad an Intelligenz und Bildung. Für eine kleine, ländliche Provinz- Journalistik- Studentin / Praktikantin, mit wenig Erfahrung und wahrscheinlich völlig anderen Themen, mit welchen sie sich bisher beschäftigte, durchaus keine Selbstverständlichkeit Münkler und ähnliche Politologen zu kennen. Dennoch war ich nicht all zu überrascht. Das sie einen sehr klugen Kopf hat, war mir ja schon längst aufgefallen. Wer sich dafür interessiert, kann das ja googeln.

»Ja im Sinne von Münkler, plus meinem eigenen Wissen, plus viel Erfahrung und so.« Lächelte ich also anerkennend. »Aber sehr beachtlich das du ihn auch kennst, hübsches Cleverle.«

»Haha bin doch kein Dummerchen!« Knuffte sie mich in die Seite.

»Nein das bist du definitiv nicht… und zumindest so nackig wie gestern zudem auch verdammt entzückend!« *breitgrins*

»Duuu… hihi!« Drohte sie mir very charming mit einer Geste.

»Wieso ist doch wahr! Das war wirklich ein sehr, sehr bezaubernder Anblick!«

»Jetzt sag bloß noch, du hast in der Nacht von meinem Anblick geträumt haha.«

»Vom Anblick wunderschöner, weiblicher Nackedeis, träumen Männer immer gerne höhö.« Gluckste ich.

»Was für ein charmanter Casanova Gauner du bist! Aber auch ein echt voll Lieber und sehr großzügig Hilfsbereiter; finde ich echt toll, was du hier für die Ukraine tust.« Lächelte Livia lieb und streichelte mir mit einer kalten Hand sogar mal zärtlich über die Backe. Wieder mal trafen sich unsere Blicke funkelnd und es war ziemlich eindeutig, dass wir uns doch recht stark voneinander angezogen fühlten. „hmm verdammt… ach was solls? dachte ich mir und lächelte:

»Darf ich…?« beugte ich mich langsam zu ihr hinunter und näherte meine Lippen den Ihren. Langsam genug das sie mich ohne Probleme leicht hätte stoppen und es zu einem Scherz hätte drehen können, wenn sie wollte. Doch sie hatte nichts dagegen und es wurde ein sehr, sehr schöner Kuss in der kalten Natur.

Einige Minuten liefen wir in wortloser Sympathie schweigend weiter und überlegten dabei wohl beide, ob wir wirklich dieses ‚Spiel’ zwischen den Geschlechtern noch weiter so laufen lassen sollten. Aber warum eigentlich nicht? Definitiv mögen wir uns, sind uns sympathisch, respektieren uns auch und fühlen uns zueinander hingezogen. Das war ja kaum zu übersehen oder zu bestreiten. So ein bisschen freundliche, menschliche Zuneigung ist doch etwas Schönes und gerade für sie in schrecklichen Kriegszeiten etwas sie quasi stützendes, aufbauendes, dass ihr eigentlich nur gut tun kann. *smile*

Als wir zurück kamen und uns mit der Betreiber Familie, zusammen setzten, tischte uns ein Muttchen schon wieder köstliches Gebäck auf, obwohl wir uns noch immer total vollgefressen fühlten. Aber strikt ablehnen geht aus Höflichkeit auch nicht, zumindest probieren muss man. Uff! Dann traten wir in ernsthafte Verhandlungen ein und trafen nach einiger Zeit eine Vereinbarung. Ein kleiner Teil der Anlage sollte weiterhin für normale Gäste zu Verfügung stehen, falls doch noch welche kommen sollten oder sich die Gesamtlage überraschend wieder verbessern, der Krieg enden sollte. Ansonsten sollte das Anwesen für etwa bis zu 50 traumatisierte Kinder, mit oder ohne Mütter oder Grosseltern vorbereitet und zur Verfügung stehen. Die Betreiber wollten das zum reinen Selbstkostenpreis machen und kalkulierten sogar derart knapp, dass ich vermutete sie müssen sogar drauf zahlen.

Bereits 1,8 Mio. Flüchtlinge gibt es inzwischen nur in Polen und die Hilfsbereitschaft der Menschen ist überwältigend. Dieses abgelegene, ruhige Ferienanwesen mitten in der Natur, mit Haus- und Nutztieren, dürfte geradezu perfekt dafür geeignet sein, traumatisierten Kindern wieder ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu geben, damit sie zurück ins normale Leben finden können. Lehrer und auch psychologisches Betreuungspersonal wollten die Betreiber aus der  Umgebung und nicht zu weit entfernten Kleinstädten organisieren, die alle ehrenamtlich helfen werden.

Die dennoch entstehenden Betriebskosten, z. B. gesunde Verpflegung usw., wollte ich aus Spendengeldern und meiner eigenen Tasche aufbringen; staatliche Fördertöpfe können vielleicht auch angezapft werden. Darum wollte sich speziell auch das liebe, bezaubernde und clevere Model Margo in Warschau kümmern, mit welcher ich gut befreundet bin. Das sollten wir in den nächsten Tagen alles gut hinbekommen und können dann die Kinder, Mütter, Omas und Opas, oder Kranke, Behinderte usw. herbringen. Fünfzig… hört sich einerseits viel an, ist bei mittlerweile etwa um die drei Millionen ukrainischen Flüchtlingen aber doch nur ein Tropfen, auf einen riesengroßen, glühenden Stein. *seufz*

»Besser als nichts, du lieber Mann. Sagen nicht die Juden: ‚wenn du auch nur ein Leben rettest, rettest du die ganze Welt’ oder so ähnlich.« Lächelte Livia und umärmerlte mich total lieb fraulich, fast mütterlich, dabei aber auch verflixt weiblich reizvoll. *schmunzel*

»Ja irgendwie so oder so ähnlich geht der Spruch. Ich weiß ja, dass ich mit all den anderen Hilfen nicht viel mehr tun kann… und doch ist es nur schwer zu ertragen. Stell dir nur vor, wenn wir jetzt bald die 50 Kids auswählen und so viele andere die es auch verdient hätten, zurücklassen müssen. Hoffentlich nimmt mir das eine professionelle Hilfsorganisation ab; das könnte ich nur schwer ertragen.«

»Ach du… ich helfe dir; ich darf doch weiter helfen?« Bekam ich noch ein superliebes Küsschen zur moralischen Stützung.

»Aber ja, ich würde mich sehr freuen, wenn du dich dabei auch engagierst.« Lächelte ich und küsste frech zurück.

Dann chauffierte uns Boris wieder über die Grenze, zur Datscha bei Lviv, wo wir gegen 2030 Uhr ankamen. Livia setzten wir zuvor bei einer Freundin in der Stadt ab und ich ging zunächst duschen. Cara, Nastya und Olya hatten ein üppiges Abendessen vorbereitet, aber ich war immer noch arg voll von des Essensmassen in Polen, knabberte daher nur an ein paar Kleinigkeiten. Es folgten noch zwei Stunden Online Arbeit, dann ging ich als erster schlafen und die Anderen wohl auch bald zu Bette.






#

Aus befreundeten US Militärkreisen hörte ich heute interessante Meldungen; einige sehr erfahrene, hochrangige Analysten und Militärs gehen davon aus, dass die russischen Truppen in den nächsten zwei Wochen komplett zum Stillstand kommen sollen, weil sie wegen schlecht funktionierender Logistik und vielen anderen Problemen, einfach nicht mehr weiter machen können. Es gibt sogar glaubwürdige Berichte über erhebliche Streitereien unter den russischen Kommandeuren, steigenden Zahlen von desertierenden Soldaten und Befehlsverweigerungen sogar von Offizieren im Feld. Wundern würde mich das Alles nicht, aber wie viel da wirklich dran ist, kann ich unmöglich verifizieren.

»Hmm… so ein hübscher Anblick!« Patschte ich lächelnd und selbstverständlich sanft, Olya auf die reizenden Pobacken. Gerade zog sie sich Topless nur im sexy Slip um, was natürlich ein entzückender Anblick war.

»Frecher Kerl…« schmunzelte sie über die Schulter.

Lachend nutzten wir die Gelegenheit um gleich mal ein paar sexy Pics für ihre Pay Site zu schießen. Dann kamen Cara und Boris im voll mit frischem Gebäck, Brot und Brötchen gepackten GL zurück, was sie von der Bäckerei abgeholt hatten, mit der wir eine entsprechende Vereinbarung getroffen hatten. Ein kleiner Teil davon war für uns gedacht, dass Meiste brachten wir gleich weiter zu dem Kinderhort. Die freuten sich goldig vor allem über süßes Gebäck und wollten natürlich gleich Stücke davon abhaben, woraus sich eine sehr lustige Verteilungsrunde entwickelte. Wie leicht es doch ist, Kindern ein strahlendes Lächeln ins Gesicht zu zaubern und mit ihnen zu kichern.

Ukrainische Kalyta sind ein traditionelles Gebäck der Ukraine, mit Honig und Gewürzen. Heute waren mehrere Rundzöpfe davon dabei und sozusagen schon aus Sympathie mussten wir auch ein bisschen mitfuttern; aber nur wenig, denn die Dinger sind ziemlich sättigend und bald war Mittagessenszeit. Also bekamen auch die Kids nur kleine Stückchen, mit dem Versprechen das es nach dem nahrhaften Essen am Nachmittag mehr davon gäbe. Natürlich waren die Kinder eben wie Kinder ganz anderer Meinung und hätten viel lieber gleich mehr von dem Gebäck verdrückt, auf gesundes Gemüse usw. verzichtet. *lach*

Aber brav und altmodisch gut erzogen wie die meisten Kinder hierzulande sind, akzeptierten sie die Entscheidungen der Erwachsenen. Trotzdem strahlten sie mit glücklichen Kinderaugen und Vorfreudig auf die mitgebrachten Sachen und schmierten sich die kleinen Stückchen in die süßen Mäulchen. Nur ein sehr goldiges Mäuschen von vielleicht 3 – 4 Jährchen lächelte nicht und sah um die Kulleraugen so aus, als hätte sie vor kurzem geheult.

Auf meine Nachfrage bei einer Betreuerin, erfuhr ich mal wieder eines dieser unzähligen, schrecklichen Schicksale in Kriegszeiten. Die Süße war er gestern Abend aus einer belagerten und schlimm umkämpften Stadt im Osten angekommen. Nur begleitet von einer befreundeten Nachbarsfamilie, weil die Mutter krank war und der Vater natürlich beim Militär diente. Die Großeltern welche die süße Kleine eigentlich in den Westen in Sicherheit bringen sollten, mussten unterwegs aussteigen weil der Opa einen kleinen Herzinfarkt bekommen hatte und in ein Krankenhaus kam. Die Nachbarn hatten sich zwar gut um das Mädchen gekümmert, aber die Süße war natürlich total traurig nun ganz allein, ohne Familienbegleitung hier zu sein. *seufz*

Direkt hatte sie vom Krieg nicht wirklich etwas mitbekommen, aber natürlich die Fliegeralarme, Explosionen und Schüsse gehört. Zumindest ein bisschen traumatisiert schien sie mir schon zu sein und eine der ehrenamtlichen, psychologisch geschulten Betreuerinnen war der gleichen Meinung. Allerdings sind nahezu alle Kids in diesem Hort mehr oder weniger ein bisschen traumatisiert und brauchen mehr Betreuung.

Auch kleine Kinder sind ja nicht doof und spüren die Angst der Erwachsenen, Eltern, Verwandten und anderen Flüchtlinge sehr genau. Natürlich können sie auch ziemlich gut unterscheiden, was z. B. ein normaler Ausflug oder eine Reise ist, gegenüber einer Flucht in total voll gepackten Zügen oder Bussen und Autos, mit manchmal panischen und Angst machenden Situationen, auch wenn sie nicht direkt Kämpfe miterlebt haben. Sie spüren einfach das etwas ganz und gar nicht ‚normal’ ist; das etwas nicht stimmt und das schlägt ihnen aufs Gemüt.

Wenigstens kriegen sie hier in dem Datscha Wäldchen Gebiet nicht noch mehr Ängste, durch die inzwischen auch in Lviv öfters ausgelösten Luftalarme mit heulenden Sirenen. Die manchmal schon fast unglaublich starken, mutigen Erwachsenen der Ukraine, Betreuerinnen, freiwillige Helferinnen, Mütter, Omas usw., bemühen sich aufopferungsvoll und sehr bewunderungswürdig gerade um Kinder und versuchen so viel als nur möglich von den Schrecken eines mit brutalem, rücksichtslosen Krieg überfallenen Landes, von ihnen fern zu halten.

Überhaupt sind der Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft der Ukrainer untereinander wirklich erstaunlich, ja außergewöhnlich. Wie in jedem Land der Welt gibt es selbstverständlich auch hier Kriminelle, Verbrecher, schlechte Menschen und so. Aber bisher gab es z. B. nur ganz wenige Plünderungen oder sonstige Schweinereien in all dem schrecklichen Geschehen. Wer dabei erwischt wird auch nur zu versuchen das Leid und Elend der Millionen Flüchtlinge irgendwie auszunutzen, wird meist unmittelbar sofort hart bestraft.

Aber bisher gibt es verblüffend wenige solcher Vorfälle, bedenkt man in welchem Chaos sich große Teile des Landes befinden. Man vergleiche das mit Naturkatastrophen im wohlstandsverwahrlosten Westen, z. B. in Amerika, wo meist sofort gut organisierte, große Plünderungs- Banden und noch schlimmeres Gesindel unterwegs ist; bis hin zu Menschenhändlern und Kinderschändern, welche die Notlagen anderer Menschen im neoliberal- kapitalistischen Sinne zu gerne ausnützen wollen. Wie ich höre soll es auch an deutschen Bahnhöfen schon etliche Versuche gegeben haben, sich junge Ukrainerinnen oder gar Kinder zu krallen, bevor sie registriert sind und sie wissen wo ihnen seriös geholfen wird. Furchtbar!

Wir blieben noch dort, sprachen mit den Menschen, hörten uns ihre Leidens- Geschichten an, spielten mit den Kindern und zeigten uns halt schlicht freundlich- menschlich. Dann fuhren Boris und ich zum Hauptbahnhof, um die aus Odessa geflüchtete, bezaubernde Cami / Camille abzuholen. Auf dem Weg gab es aber wieder mal Luftalarm und wir gingen zunächst mit vielen anderen Menschen in einen der vielen improvisierten Keller Bunker.

Eine liebe Mutter mit sehr süßem, hübschen Töchterchen und deren geliebtem Haustier, einem goldigen Hund, befanden sich warm eingepackt direkt neben uns. Das süße Töchterchen und der Wau Wau staunten uns neugierig mit großen Augen an und wir zwinkerten ihnen natürlich zu, versuchten sie sozusagen spielerisch abzulenken und plauderten auch mit ihnen. Schlimmeres als Luftalarme hatten sie bisher noch nicht erleben müssen, aber vor allem bei der Mutter waren die Angst und psychologisch- seelische Belastung deutlich zu spüren. *seufz*

Etwa 20 Minuten später wurde der Alarm aufgehoben und gingen wir wieder nach draußen an die frische Luft, wo ich erstmal eine rauchte. Mit Cami hatte ich telefonisch einen markanten, kaum zu übersehenden Treffpunkt am Bahnhof abgemacht; bei all dem Durcheinander mit tausenden Flüchtlingen die ankommen oder weiter in den Westen wollen, wäre es sonst schwer sich zu finden.

Das klappte gut und gleich darauf fielen wir uns in die Arme, während Boris versuchte mit dem GL etwa näher an den Bahnhof ran zu fahren und uns aufzupicken. Auch der Vorplatz war voll mit tausenden Flüchtlingen und wieder mal beschlich mich ein gewisses Gefühl von Scham darüber, dass wir so privilegiert unterwegs sein können. *seufz*

Cami wirkte nach 17 Stunden flucht und fahrt im total überfüllten Zug, trotzdem so sexy- frisch unbeschwert und hübsch, als wäre sie gerade erst ausgeschlafen aus dem Bad gekommen und fertig zum ausgehen. Aber ich kenne sie ja sehr gut und wer genau hinschaut konnte doch erkennen, dass auch sie von der Lage in ihrer geliebten Heimat bedrückt ist. Odessa liebt sie ganz besonders und wollte dort eigentlich gar nicht weg. Doch inzwischen gleicht die Stadt einer belagerten Festung und häufen sich die Anzeichen, dass die Russen bald ernsthaft angreifen könnten. Gerade erst letzten August hatten wir uns in der beliebten Schwarzmeer- Stadt getroffen und eine schöne Zeit gehabt (siehe>>>)…, was einem jetzt im Krieg wie aus einer anderen Welt, einer ganz anderen Zeit vorkommt.

Auch Boris wurde abgeknutscht, denn die beiden kennen sich ebenfalls ganz gut. Dann chauffierte er uns zur Datscha, während wir angeregt plauderten und vor allem Cami über ihre Erlebnisse plapperte. Als eher unbeschwertes und auch ein bisschen oberflächliches Party Girl, wie man so sagt, kann oder will sie immer noch nicht so ganz wahr haben, dass aus ihrem sehr lockeren Leben plötzlich ein todernster, großer Krieg geworden ist. Niemals hatte sie sich auch nur im Traum vorstellen können, dass Putins Militär sogar bis nach Odessa kommen könnte.

Gerade heute gab es Meldungen, die russische Flotte hätte erste Ziele um die sonst so lebensfrohe Hafenstadt angegriffen, während im Nordosten Landtruppen Odessa womöglich komplett von der Ukraine abschneiden könnten. Geographisch wäre das an sich relativ leicht möglich, wenn die russischen Truppen das mit ihrer überlegenen Macht erreichen wollen.

Auch ganz typisch für die so lebens- und liebeslustige Cami: als sie erfuhr das ich derzeit alleine ein Zimmer belege und keine andere Geliebte mein Bett teilt, richtete sie sich mit all ihren mitgeschleppten Sachen sofort bei mir ein und lächelte frech ein bisschen provozierend: »du hast doch nichts dagegen oder?« Nein hatte ich natürlich nicht, denn ich mag sie sehr…; und überhaupt, welcher Mann würde ohne Not eine so bezaubernde, junge Frau nicht gerne im eigenen Bett haben? *schmunzel*





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Am Morgen schmusten und liebten Cami und ich uns noch wunderschön und standen nicht so früh auf, wie ich alleine in den letzten Tagen. Das tat natürlich richtig gut und lies uns auch ein bisschen den schrecklichen Krieg vergessen… für ein Stündchen. Beim Frühstück schmunzelte ich darüber, dass nun offensichtlich auch bei Cara und Boris eindeutig die Zurückhaltung gefallen war und die Beiden ebenfalls die Nacht miteinander verbracht hatten. So wie sie am Morgen ungeniert turtelten und zärtliche Gesten austauschten, tun das nur Männlein und Weiblein die miteinander intim sind. *schmunzel*

Überhaupt herrschte in der Frühstücksrunde eine ziemlich unbeschwerte, locker- lustige Stimmung. Niemand wollte im Moment an all das Leid und Elend, die Toten und Zerstörungen denken. Solche sozusagen ‚geistigen Auszeiten’ braucht man einfach um nicht selbst in quasi depressive Stimmung zu verfallen. Die Lage im Land war im wesentlichen unverändert, wobei es für die Menschen im schon so lange belagerten und beschossenen Mariupol am Schlimmsten ist.

Weitere von uns / mir / meinen Freundeskreis im Westen organisierte Hilfslieferungen kamen an. Aus dem Osten kommende Flüchtlingsbusse wurden wie üblich mit diesen Hilfsgütern zurück geschickt, während die Menschen in Busse umstiegen, welche sie entweder in Flüchtlingscamps der Westukraine verteilten oder über die Grenzen in die EU brachten. Ich hatte vor allem Online viel damit zu tun, mit den Helfern im Westen abzusprechen was an weiteren Hilfsgütern dringend gebraucht und wie die Transporte organisiert werden sollten.

Am Nachmittag hatte ich noch einen Termin wegen des Feldlazarettes und fuhr mit Cara und Boris zum Treffpunkt im Umland. Etliche Flüchtlinge waren zu Fuß und ukrainisches Militär mit Panzerwagen unterwegs; außerdem mussten wir durch drei Straßenkontrollen und das kostete extra Zeit. Nun ja, eine Viertelstunde mehr oder weniger spielt ja nicht wirklich eine Rolle.

Danach sammelten wir auf dem Weg in die Stadt zwei erwachsene Söhne auf, die ihren alten Vater in so was wie einer Schubkarre, zu Fuß zum Krankenhaus bringen wollten. Keine Flüchtlinge sondern arme Bauern oder Landarbeiter aus dem Umland, die sehr froh waren den weiten Weg nicht laufen zu müssen. Leider passte der Transportkarren nicht in den GL, weshalb einer der Söhne damit zurück in ihr Heim laufen wollte und der Andere den alten Vater begleitete. Für sie ist selbst so ein einfaches Schrottding offensichtlich ein wertvoller, wichtiger Besitz, auf den sie nicht verzichten wollten.

Nachdem wir sie abgesetzt hatten, fuhren wir zu Lviv Croissants>>>, Smal-Stotskoho St, 1, Lviv; ein beliebtes, hübsches und gemütliches Cafe mit leckeren Snacks zu günstigen Preisen. Dort trafen wir uns mit Nastya, die in der Nähe bei einer Hilfsorganisation geholfen hatte und gönnten uns guten Cafe mit lecker belegten Croissants, sowie etwas Gebäck. Jarema von dem jungen, sympathischen Team des Cafes gesellte sich zu uns und wir besprachen die gezielte Verteilung von zwei großen Körben voller belegter Croissants an besonders bedürftige Flüchtlinge. Wie nahezu alle Ukrainer sind natürlich auch diese Leute äußerst Hilfsbereit und spenden was sie nur können, ohne den eigenen Betrieb zu ruinieren.

Außerdem wollten sie auch süße Leckereien für die unbegleiteten Kinder in der Nähe unserer Datscha verteilen, um diesen eine Freude zu machen. Aktuell hatten wir jedoch so viele Spenden für diese Kids, dass dies heute gar nicht mehr zu verteilen wäre. Deshalb sprachen wir eine Lieferung mit der Leiterin des Camps telefonisch ab. Dann fuhr Boris uns und zwei Helfer aus dem Cafe, mit den Körben voller Snacks zum Bahnhof, oder genauer in dessen Nähe, wo eine professionelle Hilfsorganisation sich speziell um sehr alte und / oder gehbehinderte Omas und Opas kümmert, sowie um Leute die auf der Flucht nahezu alles verloren und fast nichts mehr haben.

Zurück in die Datscha kamen wir erst nach 23 Uhr und waren vom langen Tag auch alle ziemlich müde; man könnte sagen sogar eher seelisch vom Anblick all des Leid und Elends, weniger von den körperlichen Anstrengungen. Nachdem wir etwas zur Ruhe gekommen waren und geduscht hatten, gingen wir dann auch ziemlich schnell in die Betten und pennten bald ein… *schnarch*

 





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