3.
bis 4. September 2014
Nach
einer wunderschönen Woche in der sehr reizvollen, kleinen und uralten,
türkischen Hafenstadt Sinop, auch wieder so ein Fleckchen Erde wo man
zumindest im Sommer und bei schönem Wetter gerne viel länger bleiben würde,
starteten wir Mittwoch früh zu einem nicht unriskanten Unterfangen. Quer über
das Schwarze Meer nordwärts, rund 326 Seemeilen an der jetzt russisch
besetzten Krim vorbei, in das Asowsche Meer und dann hoch bis zur derzeit von
den russischen Separatisten / Räuberbanden belagerten Stadt Mariupol; also
quasi in Kriegsgebiet wo zumindest theoretisch viel passieren kann…, auch
uns!
Ich
nutze jedoch meine sehr guten Kontakte und Beziehungen zu nicht wenigen
„Reichen und Mächtigen“ sowohl in Russland, als auch in der Ukraine und gehe
davon aus das sich das Risiko in überschaubaren Grenzen halten wird;
zumindest bei einer Anreise mit dem eigenen Boot über See; über Land würde
ich es vermutlich nicht wagen und käme man wohl auch kaum noch durch; wie
gesagt gilt die Stadt derzeit als belagert und fürchtet von den Russen
eingenommen zu werden.
Die
Fahrt verlief bei schönem Wetter weitestgehend ereignislos, nur Nina und Lisa
hatten einige Stunden mit leichten Anflügen von Seekrankheit zu kämpfen;
beide sind ja völlig unerfahren mit Seefahrt und müssen sich erst daran
gewöhnen. Auf einem kleineren Boot, ohne so hervorragen funktionierende Stabilisatoren
wie auf unserem Schiff, oder bei schlechterem Wetter mit mehr Seegang, wäre
es ihnen sicherlich sehr übel ergangen; Seekrankheit ist wahrlich kein Spaß
und kann sogar richtig gefährlich werden, wenn man nicht aufpasst und z. B.
dehydriert! Diese Gefahr besteht bei uns natürlich nicht, aber es ist selbst
schon alten, sehr erfahrenen Seebären passiert, dass aus irgendeinem
unbekannten Grund plötzlich die Seekrankheit bei ihnen voll zugeschlagen hat
und keiner, sie selbst nicht und niemand sonst an Bord bemerkte, wie sie
immer stärker dehydrierten und schließlich zusammenbrachen, wobei echte
Lebensgefahr bestand; ich will nur sagen: man sollte stärkere Seekrankheit
NIE auf die leichte Schulter nehmen und so tun als ob es ja doch nur
Weicheier und Frauen erwischt und man sich im nächsten Hafen ganz von alleine
wieder erholt!
Ok,
um 05:42 Ortszeit, also kurz vor Sonnenaufgang und wie geplant liefen wir
vorsichtig die Halbmillionen Stadt an…
Mariupol ist eine Stadt in der Oblast
Donezk in der Ukraine mit rund 470.000 Einwohnern. Die Stadt war historisch
eines der wichtigsten Zentren der Griechen in der Ukraine, die bis heute eine
wichtige Minderheit in der Stadt darstellen. Wikipedia. Fläche: 166 km² Bevölkerung: 463.270 (2011) Mariupol ist
ein bedeutendes Industriezentrum und internationaler Seehafen am Asowschen
Meer, die Stadt gehört zu den wichtigsten Wirtschaftszentren der Ukraine. Die
hier angesiedelten Metallurgiekombinate (u. a. Asowstal und Illich Iron &
Steel Works) tragen einen wichtigen Teil zu den Exportgütern des Landes bei.
Zu den großen Arbeitgebern zählt ferner das Maschinenbauunternehmen
Asowmasch. Von Bedeutung ist ferner der Handelshafen. Im kleineren Rahmen
gibt es hier auch eine Solarindustrie. Es gibt in der Stadt eine Technische
Universität, sowie die Staatliche Universität Mariupol. Daneben existiert
eine Humanitäre Hochschule sowie mehrere Berufsschulen. Die Stadt beherbergt
mehrere Musikschulen, ein Heimatkundemuseum, eine Kuindschi-Ausstellung und
ein Russisches Stadttheater. Neben zahlreichen orthodoxen Kirchen findet sich
in der Stadt auch eine im Jahr 2007 eröffnete Moschee. m Jahr 2002 setzte
sich die Bevölkerung wie folgt zusammen:
Ukrainer 248.683 (48,7 %)
Russen 226.848 (44,4 %)
Griechen 21.923 (4,3 %)
Weißrussen 3.858 (0,8 %)
Armenier 1.205 (0,2 %)
Juden 1.176 (0,2 %)
Bulgaren 1.082 (0,2 %)
andere: 6.060 (1,2 %)
…aber
der bestellte Lotse lies auf sich warten; Funkkontakt ergab schließlich das
er eigentlich unterwegs ist und in Kürze bei uns eintreffen müsste; insgesamt
eine Verzögerung von gut einer Stunde, ohne Erklärung. Aber so etwas kann dir
überall passieren und in ihrer momentanen Situation hier, haben sie fraglos andere
Sorgen als eine einlaufende Yacht, auch wenn diese humanitäre Hilfsgüter wie
Medikamente usw. mitbringt.
Schließlich
dirigierte man uns zu einem abgelegenen Anleger, wo uns ein „Offizielles“
Empfangskomitee begrüßte; wir beeilten uns erst mal die ganzen Hilfsgüter,
immerhin fast 10 Tonnen auszuladen, wobei auch viele Kinder mithalfen und
sich sehr darüber freuten.
Dann
besprachen wir den zweiten Teil dieser riskanten Exkursion, nämlich dem
Evakuieren, also an Bord mitnehmen, vor allem von Kindern der Stadt. Eine Art
Sightseeing Rundfahrt durch die belagerte Stadt zeigte auch einige
Zerstörungen aus der Zeit als die Separatisten die Stadt vor einigen Monaten
schon mal eingenommen hatten; auch einen Eindruck von den Vorbereitungen von
Abwehmaßnahmen, respektive wie weit diese schon abgeschlossen sind konnten
wir gewinnen.
Übrigens
und vielsagender weise sind inzwischen selbst die meisten Russisch stämmigen
Einwohner der Stadt aktiv an der Abwehr beteiligt. Bei der ersten Eroberung
unterstützten noch viele die Separatisten, doch konnte sehr bald jeder sehen
dass es sich größtenteils um Verbrecher handelt, welche z. B. am helllichten
Tage Banken und Geschäfte der Stadt ausraubten; auch gab es Entführungen und
Vergewaltigungen. Daher kapierten auch die Russen ziemlich schnell, dass es
nicht um patriotische Hilfe für die angeblich von Kiew bedrängten geht,
sondern nur um brutale, selbstsüchtige Machtpolitik, angeheizt und
ausgerüstet von Putins Russland, der zum erheblichen Teil aus Mobstern
bestehende Unruhestifter- Banden in die Ost Ukraine schickt und das in
Wahrheit niemand wirklich den „Schutz“ oder die Unterstützung der
russischstämmigen Bevölkerung beabsichtigt.
Nun,
so weit, so gut…; wir werden uns bemühen so schnell als möglich alles zu
erledigen, wofür wir in gemeinsam beschlossener Absicht hergekommen sind und
werden dann baldigst wieder abreisen, bevor es hier womöglich all zu
Gefährlich wird! Es kann nicht unsere Sache sein, sich in solche
weltpolitischen Krisen zwischen Großmächten einzumischen! In Wahrheit muss
man realistisch sehen, dass auch diese kleine Aktion nicht wirklich notwendig
war und kaum ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann. Aber als kleine
Geste der Solidarität wurde unsere Aktion dankbar als moralische
Unterstützung angenommen; mehr können wir nicht tun oder bewirken!
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