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(Akt-) Fotografie: etwas genervt von den fast immer gleichen oder zumindest ähnlichen anfragen vieler Hobby- und Möchtegerne Fotografen, welche mir diese Titulierung bitte nicht übel nehmen mögen, es ist nicht Böse gemeint…, wollte ich eigentlich mal eine etwas ausführlichere Abhandlung, speziell auch über Shooting mit bildschönen, nackten Models schreiben, welche gerne als „Kunst“, künstlerische Aktfotografie“ usw. verbrämt werden… und in meiner typisch unbequemen Art einige ungemütliche Wahrheiten dazu sagen. *grins*
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Doch dann erinnerte ich mich an eine sehr treffende
Abhandlung vom tollen Fotografen und „Künstler“ Michael Kronenberger
dazu, welche eigentlich meine
eigenen Ansichten bereits perfekt und zu nahezu 99% deckungsgleich zum Ausdruck
bringt; so kann ich mir die ganze Schreibarbeit ersparen und stelle euch unten
seinen Text dazu ein, wogegen er sicherlich nichts einzuwenden hat. *smile*
Viel Spaß beim Lesen und bitte nicht all zu
empfindlich sein! Er redet (schreibt) wie ich: sehr offen, ehrlich und direkt,
ohne Rücksicht auf gewisse Empfindlichkeiten und typischen „Mainstream“
Blödsinn!
-Steve
Auszug aus:
"Knips' nur das, was man sonst nicht knipst!"
http://www.ciao.de/Fotografieren_Tipps_Tricks__Test_8317298
Der Titel dieses "Berichts" ist der goldene
Ratschlag, den ich von einer Künstlerin bekam. Sie wohnt heute noch in der
kleinen Wohnung unter uns, doch leider haben wir uns verkracht, und ich bin
auch noch schuld daran. Scheisse ! Es hat aber nix mit "an die Wäsche
gehen" oder so zu tun - und überhaupt, das geht Euch doch garnix an ! So !
Für künstlerische Fotographie ist als erstes mal ganz
wichtig, daß man alles vergißt, verdrängt und aus seinem Kopf verbannt, was man
so übers Fotographieren bisher gedacht, geglaubt oder gemeint hat. Vor allem
muß man alles das auf den Müll schmeissen, was aus der Ecke der sogen.
"Hobbyfotographen" stammt. Ein Hobbyfotograph ist nämlich das
absolute Gegenteil eines Künstlers. Sein größter Ehrgeiz ist es, daß er seine
langweiligen Makroaufnahmen von Blumenblüten, oder seine ebenso langweiligen
Akte, oder Dampflokomotiven oder ähnlichen alten Käse, den es schon
hundertausendmal gibt, in der VHS ausstellen darf, und ihm der Besitzer des
Fotoladens um die Ecke auf die Schulter klopft und sagt: "Das hätte ich
auch nicht besser machen können !" - Das ist nichts verwerfliches, und
eine nette Freizeitvernichtungsmöglichkeit, und solche Hobbyfotographen machen
jede Menge Bilder, die wirklich nett sind, hüpsch ... gut gemacht - aber eben
so langweilig und nichtssagend wie das selbstgebackene Schwarzbrot, der selbst
gezimmerte Gartenzaun, das selbst bezogene Sofa. Bestenfalls gutes Handwerk -
aber sonst nix. Beim Profi um die Ecke, im Baumarkt oder bei Aldi gibts das
ganze genausogut oder besser und vor allem viel billiger palettenweise zu
kaufen (aber 's is' halt nich "selbstgemacht"). Der Hobbyfotograph
will etwas "genauso gut" machen, wie ein Profi - der Künstler will es
anders machen, etwas zeigen, was man sonst nicht sieht, etwas aussagen, etwas
"rüberbringen", was mehr ist als hüpsch und nett und "boah
ey".
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Ganz wichtig ist natürlich auch die Ausrüstung - ein Hobbyfotograph, der
was auf sich hält, hat den Gegenwert eines neuen Golfs in diversen Vitrinen und
Schränken stehen, hängen und liegen. Die Kameras genügen selbstverständlich
professionellen Ansprüchen - das billige Zeug taugt ja nix ! Und
selbstverständlich entwickelt man die Filme selbst, hat professionelle
Bildbearbeitungsprogramme für digital, und Farblaserdrucker und Plotter und und
und ... Es ist lustig, Hobbyfotographen untereinander zuzuhören, wie sie
"Benzin reden": wer hat das größte, das teuerste, das beste Objektiv,
den genialsten Vergrößerer, die meisten Filter ? Tucholsky: "Mein Hund
läuft aber schneller als Ihrer!" -
Manchmal glaube ich, ein gutes Drittel
der Ausrüstung des Hobbyfotographen dient ausschließlich dem Zweck, vor anderen
Hobbyfotographen damit zu protzen. Ein weiteres Drittel dient dazu, das eigene
Ego aufzupeppen - und nur ein Drittel wird tatsächlich genutzt. Aber davon lebt
immerhin eine blühende Industrie; und wenn der Hobbyfotograph die Nase voll
hat, und sich künftig mit Brot-selberbacken, Gartenzaun-schreinern oder
Sofa-selbstbeziehen verlustiert, gibt es die kaum gebrauchten, immer sorgfältigst
gehegten guten Sachen billich bei ebay !
Für Künstlerische Fotos braucht man dagegen: so gut
wie nix. Es geht mit allem, was 'klick' macht - ok, nicht gerade mit dem
Feuerzeug, aber die primitive Digitalkamera, die heute fast in jedem handy
integriert ist, reicht für den Anfang völlig aus. Ansonsten schwatzt man Papa
die uralte, verstaubte Spiegelreflex ab, oder guckt, was man billich bei ebay
schiessen kann. Und fängt einfach an.
Am besten fängt man digital an, heutzutage - Analog ist ganz schön teuer.
Ein36er SW-Film mit Entwicklung, Abzügen 10x15 und CD-ROM fürs Archivieren und
Weiterverarbeiten kostet rund 10 € - mal mehr, mal weniger. Und ein 36er Film
ist manchmal in 10 Minuten weggeknipst. Denn es gilt die Regel: knipsen was das
Zeug hält ! Nicht lang überlegen - abdrücken ! Und nochmal mit anderer Blende,
und nochmal mit dem Schornstein im Bild, und nochmal Hochkant ... Probieren -
Probieren - Probieren ! Faustregel: auf 100 verschossene Bilder kommen 5-10
gute, vorzeigbare Fotos. Der Rest ist Schrott.
Wer den Ehrgeiz hat, keine
Aufnahmen, keine Filme zu "verschwenden", weil man jedes einzelne
Bild viertelstundenlang in giftiger Brühe schwenken muß (und das auch noch in
luftdicht abgeschlossener Dunkelkammer), oder meint, jedes (zweite) Bild müsse
"was werden", und man müsse sich bei jedem Bild Mühe geben, auf
dieses und jenes achten und einstellen und messen und pissen und scheissen -
der ist kein Künstler, der ist Hobbyfotograph. Die wirklich guten Aufnahmen des
Künstlers entstehen nicht etwa durch stundenlangen Aufbau eines
"Bühnenbildes" und endlose Fummeleien mit Scheinwerfern, Reflektoren,
Filtern, Blitzgeräten und Wechselobjektiven - sondern durch das
"Auge" des Künstlers binnen weniger Sekunden, Minuten allenfalls. Erst
sehr sehr spät in seiner Entwicklung und nur in bestimmten Genres fängt der
Künstler an, auf diese Weise ein "Set" zu basteln - dazu braucht es
nämlich das eigene "Auge", daß in Beobachtung der Welt durchs
Objektiv bereits geschult worden ist, sich schon entwickelt hat.
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Selbstverständlich: wenn man merkt, es macht Spaß, es
macht Freude, man will "dabei bleiben", sich an Wettbewerben
beteiligen will, eventuell sogar mal ausstellen - dann kann und muß man mal
"aufrüsten", aber auch dafür muß es keine Nikon sein, keine Leica, keine
Hasselblad. Guter Durchschnitt reicht völlig, ne Minolta oder ne Canon sind
schon Luxus für den Künstler. Und selbstverständlich braucht man auch kein
halbes Dutzend Blitzgeräte, Wechselobjektive, Stative, Scheinwerfer und diesen
ganzen Wohlstandsmüll der Hobbyisten. 1 Blitz, 1 Zoom 28-80, später vielleicht
mal 1 24er Weitwinkel, 1 200er Tele, 1 Stativ - und dann ist aber spätestens
Schluß, weil man schon mit dieser überzogenen Ausrüstung als Künstler nicht
mehr richtig ernst genommen, sondern schon eher für einen Hobbyfotographen
gehalten wird.
Kommen wir zum Thema: Motiv. Für den Hobby-Fotographen gilt dasselbe, wie
für die Ausrüstung - das Beste ist gerade gut genug: Sancoussi, Neuschwanstein,
Fotosafari in Kenia, Eisberge in der Antarktis, Wüstenformationen im Namib
(Sahara ist schon zu popelig) - und natürlich: professionelle (Akt-)modelle à
la Naomi Campell oder Heidi Klumpfuß. Für den Fotokünstler ist das alles Käse,
braucht er nicht, und kann die Knete für Autos, Bier und geile ... ähmja. Er kanns
sich sparen. Denn für den Künstler besteht die Welt nur aus Motiven:
Kaffeetassen
(vor oder nach Benutzung), Teller, Messer, Gabeln, Stühle, Tische,
Gullideckel, Bretterzäune, Treppen, Rolltreppen, Freitreppen, Leitern, Gerüste,
Strommasten, Laternenmasten, Pfützen, Klodeckel, Hundescheisshaufen - aus allem
kann ein gutes Bild werden, und als model reicht jeder, der mal stillhalten,
mitmachen - und sich vielleicht sogar mal ausziehen - will.
Während der Hobbyfotograph den Sehgewohnheiten entgegenkommen will, und
sich willig jedem Diktat der Mode beugt, begehrt der Künstler gegen sie auf.
Sein forschender Blick richtet sich genau dorthin, wo man normalerweise (drüber
hin-)wegguckt, nicht (so genau) hinsieht, nicht hinsehen will. Die blendende
Fassade, die Postkarten-Kulisse, die blitzende Fontäne und den röhrenden Hirsch
überlässt er den Profis, die Fotos für Reiseprospekte machen, und den
Hobbyfotographen, die mit 10fachem Aufwand an Zeit und Material annähernd die
gleichen Ergebnisse erzielen.
Das Nebensächliche und Banale, von dem sich der
Hobbyist mehr oder weniger verständnislos fragt, wieso man für
"sowas" überhaupt eine Aufnahme verschwendet, ist es, was den
Künstler brennend interessiert, und wofür er zu interessieren sucht. Der Hobbyfotograph
arbeitet mit der berüchtigten "Motivklingel": er registriert nur das,
was nach seinen Vorbildern aus Zeitschriften, Internet-communitys usw.
"wert ist", fotographiert zu werden, einem bestimmten Sujet, einem
Genre zugeordnet werden kann. Dann "klingelt" es, und der Hobbyist
legt los, wie ein Pawlow'scher Hund. Doch es klingelt nur dann, wenn schonmal
jemand daselbe gemacht hat, und damit "groß rausgekommen ist". Der
Künstler dagegen ist "immer im Dienst": alles kann und will
fotographiert werden, gesehen werden, bewußt gemacht werden: "Alles ist
Kunst - jeder ist Künstler." sprach der Großkünstler Josef Beuys, der
übrigens auch ein großer Lehrer war. An der Busshaltestelle ist der
Hobbyfotograph nur ein Mensch, der auf den Bus wartet, und dumpf vor sich hin
starrt, vielleicht von einer Akt-Session mit Heidi Campell tagträumt. Der
Künstler sieht dagegen Dutzende, hunderte von Motiven - und ärgert sich jeden
Tag tausend mal, daß er die Kamera gerade jetzt nicht dabei hat. Und Erfolg hat
der Fotokünstler erst dann, wenn er zeigt, wie man etwas ganz banales und
altbekanntes neu sehen kann. Der Hobbyist ahmt eine Vorlage nach - der Künstler
erschafft die Welt um sich herum neu - und wenn auch nur für sich selbst.
Models: Wenn man keine Schnapschüsse macht, sondern
wirklich mit einem model künstlerisch arbeiten will, dann braucht man viel
Zeit. Man muß locker werden, das model muß locker werden, man muß Kaffee
trinken, reden, rauchen, vielleicht ein Glas Wein trinken, frühstücken,
mittagessen, abendessen - vertraut werden miteinander. Vor und hinter der
Kamera muß es Spaß machen, darf es nicht in Stress ausarten. Stress ist was für
Profis - und vor allem: für Hobbyfotographen. Die zahlen ja ein paar hundert
Euro pro Stunde für Naomi Schlegelmilch, und müssen jede Minute "ausnützen"
! Übrigens ist das Fotographieren mit models (auch mit angezogenen models) nix
für prüde Leute: man muß das Model anfassen können, Arme, Hände, Finger, Beine
und Füsse arrangieren, den Kopf drehen, den Körper in facon bringen können. Das
model muß das abkönnen.
Das ist nix für Fotographen und models mit
Berührungsängsten oder in sexuellen Notlagen ! Überhaupt: keine
(semi-)professionellen Modelle nehmen, sondern den/die Partner, Freunde, andere
Künstler, Leute aus dem Internet. Erst nach etlichen 10, 20, 100 Filmen ist man
einem model wirklich nahe gekommen, entstehen wirklich gute Bilder.
Ein professionelles model ist für den Hobbyfotographen ungeheuer attraktiv:
weil es nicht nur einen schön gebauten Körper hat, sich ohne zu fackeln auch
naggisch macht - sondern weil es sich ganz von selbst in die gefälligen Posen
setzt, die am besten ankommen, seinen schönen Körper noch schöner werden
lassen. Das Profi-model weiß natürlich auch mit Licht und Schatten, Schminke
und Accessoires umzugehen, und erkennt an den kleinsten Handbewegungen des
Fotographen, wohin der Hase laufen soll - am Ende ist es auch noch das
Profi-model, daß dem Hobbyfotographen sagt, welche Blende, welche
Belichtungszeit hier angesagt ist. Das Ergebnis ist, wenn der Hobbyfotograph an
der Kamera alles schön richtig eingestellt, und nicht vor lauter Aufregung
verwackelt hat, auch dementsprechend beeindruckend: wirklich genausogut, wie
die zehntausende von anderen auch ! Das eigene, das individuelle und originelle
- das kriegt der Künstler besser mit Amateur-Models hin, als mit Profis. Aus
einem Profi noch etwas neues "herauszukitzeln" kann ganz schön
anstrengend sein !
Und erstmal Finger weg von Akt - das ist immer sone
Sache - sagen wir mal: so ähnlich wie Sex. An Akt sollte man sich erst dann
rantrauen, wenn man als Fotograph sicherer geworden ist, gelernt hat, mit model
zu arbeiten. Auch mit dem späteren Aktmodel sollte man schon mal
"textil" fotographiert haben - schlimmstenfalls unmittelbar vor den
Aktaufnahmen. Wenn man dann schon merkt, wie das model beim angefasst-werden
zuckt, oder so komisch starre Augen bekommt, steif wird: sofort abbrechen, und
zusammen ne Pizza essen gehen - keine Schuldgefühle aufkommen lassen ! Entweder
man kann das und ist so drauf - oder man ist es nicht, und da kann keiner was
für.
An Akt sollte man sich überhaupt nur rantrauen, wenn das model entweder sowieso auch ein Sexpartner ist, oder wenn man sich sicher sein kann, daß Fotograph und model sexuell ausgeglichen und 'offen' sind - denn für beide kann es hochgradig aufgeilend sein. Insbesondere das nackte model anzufassen, ist heikel: Unbedingt
An Akt sollte man sich überhaupt nur rantrauen, wenn das model entweder sowieso auch ein Sexpartner ist, oder wenn man sich sicher sein kann, daß Fotograph und model sexuell ausgeglichen und 'offen' sind - denn für beide kann es hochgradig aufgeilend sein. Insbesondere das nackte model anzufassen, ist heikel: Unbedingt
Finger weg von "zwischen den Beinen", Po und Brüsten (auch
bei Männern !) - und zumindest anfangs immer fragen: "Ich faß Dich jetzt
an - ok?" Im Zweifel lieber "berührungslos" arbeiten. Damit muß
man dann auch umgehen können, und darf keine zittrigen und feuchte Hände
kriegen, auch wenn die Unterhose schon klitschnaß ist. (Guter Tip: keine hellen
Sachen tragen beim Aktfotographieren !)
Bei Aktaufnahmen "indoor" muß
die Heizung hochgedreht werden und auch der Fotograph sollte sich
bekleidungsmässig anpassen - verschwitzt ist das Ganze ziemlich blöd. Die
Anwesenheit eines Freundes, einer Freundin (jedoch nicht etwa ein
eifersüchtiger Partner) des models kann "besonders hilfreich" sein,
die Situation im Griff zu behalten. Dieser Anstandswauwau ist auch nützlich für
allerlei Hilfsdienste. Das macht der Anstandswauwau in aller Regel auch gerne,
weil er ansonsten nur ziemlich blöd in der Gegend rumsteht, und vor lauter erregender
Nudität nicht weiß, wohin er zuerst weggucken soll. Ideale Aktmodels sind
Leute, die man sowieso nackt kennt, mit denen man in die Sauna oder "zum
FKK" geht. Und schließlich: im Zweifel sollte man über all das mit jemand
reden, bevor man mit ihm Aktaufnahmen macht. Ansprechen auf Akt kann man
grundsätzlich jeden - aber überreden sollte man ebenso grundsätzlich nie
jemanden dazu. Einfach mal fragen, und dann Zeit lassen: "Wenn Du Lust
hast, dann meld Dich doch mal bei mir !" Soviel also zum schlüpfrigen
Thema schlüpferlose Fotographie. Nebenbei: wer meint, Akt zu fotographieren
hätte nichts erotisches an sich - der ist entweder ein abgebrühter Profi oder
ein verklemmter Wichtel, der/die/das die Finger davon lassen sollte.
Im
künstlerischen Sinne gute Aktfotographie ist ein verdammt heißer Flirt zwischen
einem nackten Mensch vor und einem (angezogenen) Mensch hinter der Kamera -
Fick und Klick unterscheiden sich nur durch zwei (allerdings sehr wichtige)
Buchstaben, und reimen sich nicht bloß zufällig.
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Bildaufbau: Das A und O der künstlerischen Fotographie sind die Linien. Ein
Bild aufzubauen ist - ohne jeden Witz - Architektur, und es ist durchaus
hilfreich, sich ein paar Bildbände über Architektur zuzulegen, wenn man damit
nicht klar kommt, oder nach Anregungen sucht. Fast alle guten Bildkunstwerke
bestehen aus Linien, die horizontal, vertikal und diagonal oder
"schräg" durchs Bild verlaufen. Diese Linien sieht man, oder lernt es
allmählich, sie zu sehen. An diesen Linien (die auch Kurven sein können) orientiert
sich das ganze Bild, es lebt von den Linien - und das ist eigentlich schon
alles. Die Regeln und Tips für Hobbyfotographen sollte man ferner ausgiebigst
studieren - wenn man sie nämlich strikt mißachtet, und/oder in ihr Gegenteil
verkehrt, dann hat man für ein künstlerisches Foto meist schon die halbe Miete
im Sack - wenn man auf die Linien zu achten gelernt hat. Nochmal zurück zum
model: das model muß man als Fotograph führen, wie ein Regisseur den
Schauspieler. Das ist nicht einfach, gerade mit Amateuren nicht, macht aber
auch viel Freude. Tip an das model: Denk daran, daß Du genauso "Kunst
machst", wie der Fotograph ! Tip an den Fotographen: Lass dem Model soviel
Freiraum, wie möglich, nicht zuviele konkrete Vorstellungen aus dem Kopf
abarbeiten - lass die Sache sich entwickeln !
Hüten sollte man sich ganz allgemein davor irgendetwas
"zum Ausdruck bringen zu wollen" - damit hämmert man nur allzu leicht
in das Motiv etwas hinein, was nicht drinnen ist. Es genügt völlig, das zu
zeigen, was da ist, sich vom Motiv und seinen Linien, die es in den Sucher
projiziert, führen zu lassen. Erschwerend kommt hinzu, daß einen die
Zum-Ausdruck-Bringerei dazu verführt, am Motiv solange herumzubasteln, bis der
"Ausdruck" stimmt. In der Aktfotographie scheint es derzeit Mode zu
sein, die models zu behandeln, wie einen Salatteller im Restaurant: irgendwas
wird immer drübergestreut oder drauf gekleckert, damit es appetittlicher
ausschauen soll, als es ist. Statt croutons, Parmesan, Basilikumblättern und
Balsamicoessig verwendet der Hobbyfotograph gerne gehakte Petersilie,
Rosenblätter (die künstlichen natürlich) und künstlich aufgesprühte
Wassertropfen.
©GoldGalleriesPhotoClub 1998-2018 Model: Gigi |
Damit zeigt man nur, daß man nicht imstande ist, nicht den Mut hat, mit dem Menschen so umzugehen, ihn so zu fotographieren, wie er nun mal ist. Statt dessen bevorzugt man, ihn unter solchem Schnickschnack nach Möglichkeit vollständig zu verbergen, damit bloß nichts natürliches und individuelles mehr an dem Bild ist, sondern nur noch ein Klischee übrig bleibt. Man hat wieder einmal stolz dasselbe erreicht, wie schon fünfundzwanzigtausend andere zuvor. Schon im Asterix-Heft "Der Kupferkessel" machen sich die genialen Autoren völlig zurecht lustig über eine Kunst, die ständig eine "Botschaft" (zu deutsch: messitsch) unter die Leute bringen will. Kunst ist nun mal keine Propaganda-Agentur. Anstatt irgendwas ins Motiv hineinzuinterpretieren, was garnicht da ist, horcht der Fotokünstler auf die lautlose Musik der Objekte selbst, und versucht sie festzuhalten, einzufangen, aufzuschreiben.
Und so lässt man sich dann durch seine ganz normalen Alltag treiben, macht
regelmässig Fotospaziergänge in seiner Umgebung, gewöhnt sich einfach daran,
die Digi-Cam immer mit dabei zu haben. Immerhin ein Vorteil der ubiquitären
digitalen Dauerknipserei: der Fotokünstler fällt nicht unangenehm auf, wenn er
dauernd knipst, und die Freunde gewöhnen sich rasch daran. Und weil man als
Künstler rasend viel fotographiert, bekommt man auch irgendwann dieses berühmte
Auge: der Bildaufbau läuft ganz von selbst, vollautomatisch, ist in Fleisch und
Blut übergangen, genauso wie die richtigen Momente für das "Klick".
In der Sichtung und Bearbeitung der Ergebnisse schult sich das Auge weiter -
übrigens reicht für die Bearbeitung auch das popeligste Bildbearbeitungsprogramm,
das beim Drucker oder Scanner dabei war, auf dem "Compi"
vorinstalliert war, völlig aus. Auch hier gilt das zur Ausrüstung gesagte: das
einfachste und am billigsten zu habende reicht aus. Indem man die eigene
Umgebung auf diese Weise immer wieder neu sieht, entdeckt man immer wieder neue
Aspekte und Details, zu denen man unbedingt mal wieder hinmuß: hier mal ein
bischen nach rechts, dort mal bei Sonne undsoweiter. Das verändert die
Einstellung des Künstlers zu seiner Umgebung total: das Banale und Alltägliche
wird allmählich zum Abenteuerspielplatz, einer Welt voller Wunder, die es zu
entdecken gilt. Ganz langsam bildet sich dann auch ein eigener Stil aus, eine
"Handschrift", die irgendwann unverwechselbar wird. Dieser Stil,
diese Handschrift legt sich über das Gesehene, das "Objekt".
So ein Prozeß dauert allerdings normalerweise sehr lange - Jahre, manchmal Jahrzehnte - scheissegal, solange es Spaß macht. Anders als der Hobbyfotograph, der gewisse Vor-Stellungen und Vor-Bilder im Kopf hat, die er möglichst gut kopieren will, und nach "passenden" Motiven sucht, läuft der Künstler durch die Gegend und fragt sich bei allem, was er sieht: wie könnte man das fotographieren, wie inszeniert man das ? - Natürlich inszeniert der Künstler, setzt Akzente, Schwerpunkte - ein Fotokünstler ist schließlich kein Fotoreporter, der einen bestimmten Auftrag hat: möglichst "knackige" Bilder von diesen oder jenen Personen und /oder Ereignissen "mitzubringen".
Der
Künstler dagegen lässt sich zunächst von den Menschen und Dingen leiten, die
ihm begegnen. Erst in zweiter Linie kommt der Inhalt seines eigenen Kopfes ins
Spiel - und der verändert sich laufend. Es gibt Hobbyfotographen die eine
Ehrennadel der Deutschen Gesellschaft für Fotographie für 25 Jahre Makroaufnahmen
von Rosen bekommen - einem Künstler kann so eine Peinlichkeit kaum passieren.
Spielerisch wandelt und schlendert er von einem Motiv zum anderen, probiert
dieses und jenes aus. Nachdem er über Wochen Bordsteinkanten und Gullideckel
geknipst hat, hat er es heute mit Papierkörben, und morgen vielleicht mit
Toilettenhäuschen - er selbst weiss es am allerwenigsten.
Und wenn man mal so ein bis zweitausend Bilder
(Digitalbilder zählen maximal zur Hälfte) geknipst, begutachtet, ausgewertet,
sortiert, bearbeitet und archiviert hat, dann sind vielleicht so 50 bis 100
dabei, aus denen man mal 20 bis 30 vielleicht mal für ne Ausstellung auswählen
könnte - im örtlichen Kunstverein, im Internet, oder zu Wettbewerben
einschicken könnte. Bloß nicht zur VHS gehen - dort dürfen nur Hobbyfotographen
ihre Makroaufnahmen von Blumenblüten und ihre Akte in den 37 vorgeschriebenen
Din-Norm-Posen vorführen.
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Ach ja - niemals, NIEMALS (!!!) die Bilder von Hobbyfotographen "bewerten" lassen. Wenn es einem gelingt, ein paar Bilder in einem künstlerisch angehauchten Café, einer Kneipe oder einem Kunstverein zu zeigen, und es kommt der stellvertr. Vorsitzende des örtlichen Fotoclubs (selbstredend Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Fotographie e.V.) mit einem strahlenden Grinsen angedackelt - dann bloß weg ! Kein Gespräch mit dem Knylch - Ohren zuhalten! Sag, Du bist nur der Elektriker, und hast nix damit zu tun, sag, Du bist taubstumm, oder spring aus dem Fenster ! Aber sprich niemals mit einem Hobbyfotographen über Deine Bilder ! Du überlebst es nicht !
An Deinen besten
Fotos mit dem stärksten Ausdruck, den geilsten Perspektiven, den tollsten
Botschaften finden sie aus dem Stand 37 Fehler. Bis sie fertig sind, sind es
237 grobe und 1.458 leichte Fehler. Trotzdem loben Sie dich natürlich als sehr
talentiert, und laden Dich ein, mal im Fotoclub vorbei zu kommen. "Bei uns
sind schon viele zu guten Fotographen gereift!" Ok - das kannst Du machen,
aber dann wirst Du entweder schreiend davonlaufen, oder zum braven
Hobbyfotographen. Aber wenn Du künstlerisch Fotographieren willst, dann geh
diesen Typen aus dem Weg, als ob sie die Pest hätten !
Um als Fotokünstler von irgendjemandem anerkannt zu werden, braucht man
einen langen Atem. Im Fotoclub findet man natürlich schneller Anerkennung der
Hobbyfotographen für ein perfektes Neuschwanstein-Foto, das ist klar. Bis man
zum ersten Mal einen dritten, vierten, fünften Preis einer nicht allzu
bedeutenden Institution für ein Bild von einem Gullideckel oder dem Akt von
einer 60-jährigen Oma mit ihrem ebenfalls nackten, 18 Monate alten Enkel
erhält, dauert es normalerweise 3-5 Jahre. Aber wenn man es nicht macht, weil
man selbst verdammt viel Freude daran hat, die Ästetik des Banalen und
Alltäglichen zu entdecken - dann ist man als Fotokünstler sowieso verloren.
Künstler zu sein ist kein "Hobby" - es ist im wortwörtlichsten Sinne eine Welt-Anschauung, eine Lebens-Einstellung. "Erfolg" als Künstler schlägt sich nicht in Bewertungs-Punkten, sozialer Anerkennung oder wirtschaftlicher Existenz als Künstler nieder, sondern darin, in der und durch die künstlerische(n) Existenz zufriedener und glücklicher zu leben. Man muß kein "Vollzeit-Künstler" sein - etliche "große" Künstler haben ihr Geld stets mit was ganz anderem verdient, vielen blieb die Anerkennung zur Lebzeiten völlig versagt, und fast alle, die zu ihren Lebzeiten die großen "Stars" waren, sind heute nur noch den Fachhistorikern bekannt. Natürlich wäre es recht angenehm, von den Preisen für seine künstlerischen Arbeiten leben zu können, gar wohlhabend zu werden - aber das ist nicht der Sinn und Zweck von Kunst
in dem hier vertretenen Sinne. Im
Gegenteil: Der Profi-Künstler muß seine Arbeit danach ausrichten, wofür er
einen guten Preis erzielen kann - und ganz schnell wird so aus einem Künstler
ein Kunsthandwerker und wohlfeiler Schaufensterdekorateur. Und die meisten
dieser "Profi-Künstler", die so mehr schlecht als recht durch die
Lande tingeln, sind nichts mehr anderes als Dekorateure: ihr
"Schaffen" richtet sich danach, was der Zahnarzt aus Obermaßfeld-Grimmenthal
oder der Notar in Bad Krotzingen a.d. Wimpfe in den Gängen seiner Praxis
aufzuhängen und zu bezahlen willens ist.
Also Fotokünstler: knipse für Dich selbst, und pfeif' auf die anderen ! Und wenn nur ein einziger Mensch etwas länger auf eines Deiner Klodeckel- und Laternenmasten-Bilder schaut, und Dich fragt: "Kann ich davon vielleicht mal 'n Abzug haben?" - dann ist das "Erfolg" genug.
Also Fotokünstler: knipse für Dich selbst, und pfeif' auf die anderen ! Und wenn nur ein einziger Mensch etwas länger auf eines Deiner Klodeckel- und Laternenmasten-Bilder schaut, und Dich fragt: "Kann ich davon vielleicht mal 'n Abzug haben?" - dann ist das "Erfolg" genug.
Der eigentliche Erfolg künstlerischer Betätigung findet im eigenen Kopf statt, in der eigenen Psyche. Man distanziert sich als Künstler einerseits von seiner Umwelt, weil man sie eben anders zu sehen beschloßen hat - und man tritt näher zu ihr hin, nimmt sie intensiver wahr: aus demselben Grunde. In diesem Sinne Künstler zu sein ist nichts anderes als ein wesentlicher Bestandteil des klassischen humanistischen Menschenbildes, daß auf Erziehung zur Kunst und "dilletantische" künstlerische Betätigung nicht umsonst großen Wert gelegt hat: findet man doch einen festen Punkt ausserhalb des "normalen" Alltagsbetriebes, mit dem man die Welt aus den Angeln heben kann - und doch rückt man näher zu ihr, weiter in die Welt hinein; paradox, aber trotzdem wahr. Man erhält einen wirklich originären und individuellen Zugang zu seiner Umwelt, den Menschen und Dingen um sich herum.
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